AA

Der neue Salzburg Trainer: "Mein Problem ist, wir haben zu viel Talent auf jeder Position"

Salzburgs neuer Trainer mit Red Bull Stallgeruch
Salzburgs neuer Trainer mit Red Bull Stallgeruch ©APA - Barbara Gindl
Jesse Marsch: "Es ist nicht meine Absicht hierher zu kommen und alles zu ändern." Der neue, überaus sympathische Salzburg-Trainer stellte sich vor.
Salzburgs neuer Trainer Jesse Marsch
NEU
Marsch folgt bei Salzburg auf Rose
Jetzt auf VOL.AT lesen

Autor: Daniel Hoffmann

Es lässt sich klarerweise noch nicht sagen, ob Salzburg den besten Trainer bekommen hat, aber der Meister hat sich den wohl sympathischsten Trainer der Liga geangelt. Der US-Amerikaner Jesse Marsch begeisterte heute bei seiner Vorstellung als neuer Trainer von Red Bull Salzburg mit Humor, Charme und Intelligenz.

Die Journalisten überzeugte der neue Trainer der Mozartstädter damit, dass er in der letzten Saison jedes Spiel (!) der Salzburger Mannschaft gesehen hat. Die Salzburger Bevölkerung umgarnte er mit gekonnten Worten der Faserschmeichlerei: "Ich freue mich sehr, der nächste Trainer von Red Bull Salzburg zu sein. Das Leben hier in Salzburg ist ähnlich dem in Amerika. Die Leute sind glücklich und haben immer ein Lächeln auf den Lippen." Und seine Spieler lobte er sowieso mehrfache Male über den grünen Klee. "Wir haben eine phantastische Mannschaft. Ich bin überzeugt, wir können ein sehr gutes Jahr haben. Der Kader ist unglaublich. Wir haben viele Talente. Mein Problem ist, wir haben zu viel Talent auf jeder Position."

Trainer mit Stallgeruch

Red Bull stattete Marsch mit einem Dreijahres-Vertrag aus. Der Amerikaner ist damit der erste Trainer in der Bullengeschichte, der einen Dreijahresvertrag erhielt. Als ehemaliger Red Bull New York Trainer und Assistenz-Trainer von Rasenballsport Leipzig verfügt Marsch schon jetzt über reichlich Stallgeruch, ist mit dem System Red Bull bestens vertraut.

"Ich kenne den Verein seit einigen Jahren und habe die gute Arbeit und die großen Erfolge der letzten Jahre gesehen." Dementsprechend will der Neue auch nicht gleich alles auf den Kopf stellen, sondern nur an einigen wenigen Stellschrauben drehen. "Es ist nicht meine Absicht hierher zu kommen und alles zu ändern. Mir ist wichtig, eine sehr gute Kombination von Vergangenheit und Zukunft zu schaffen."

APA / Barbara Gindl

Wer ist seine Nummer 1?

Auf der Torhüterposition wird von Marsch die Zukunft gegenüber der Vergangenheit bevorzugt. Der junge Cican Stankovic geht als Einsergoalie in dies Saison. Der langjährige Stammtorhüter und Kapitän Alex Walke muss sich erstmal beweisen. "Wir gehen mit Cican in dieser Rolle in die neue Saison und werden dann von Spiel zu Spiel entscheiden."

Wer wird Kapitän?

Das Kapitänsamt bleibt bei seinem bisherigen Amsträger: Andreas Ulmer wurde von Marsch in seiner Funktion bestätigt. "Andi ist unser Kapitän. Ich will die Situation nicht ändern. Alex (Walke, Anm.) ist auch ein sehr guter Kapitän." Für Marsch definiert sich die Kapitänsrolle durch Leadership und Ownership (Eigenverantwortung, Anm.). Der 45-jährige Amerikaner will jemanden mit der Schleife um den Arm, der das Salzburger Umfeld kontrollieren kann. Ein Trainer habe zwar immer die Hauptverantwortung über die Mannschaft, aber je mehr Eigenverantwortung sein Kapitän habe, "desto besser sind wir".

Was hält er von unserer Bundesliga?

Marsch hat, obwohl er vom großen Bundesliga-Bruder aus Deutschland kommt, einen sehr positiven Eindruck von der Österreichischen Bundesliga: "Die Top-Spieler und Top-Mannschaften sind sehr sehr gut. Ich muss aber noch mehr lernen über diese Liga."

Klar ist sein Spielspiel mit Salzburg: Seine Philosophie ist ident mit jener seines neuen Vereins: ein individueller Matchplan für jeden Gegner,
gute Ordnung, Flexibilität im Spiel, schnell und mutig spielen, bevorzugt mit Pressing und Gegenpressing.

"Wir werden die Österreichische Bundesliga und den Fußball in Österreich positiv repräsentieren", verspricht Jesse Marsch bei seiner Antrittsrede. "Ich kann allen versprechen, dass wir alles geben werden."

Allerdings warf er auch ein, dass es nicht so einfach für einen Trainer sei, Marco Rose zu folgen. "Er war sehr sehr gut."

Seine Champions League Ambitionen

Salzburg wird als Meister im Herbst erstmalig an der Gruppenphase der Champions League teilnehmen. Marsch weiß, dass die Königsklasse seit langer Zeit ein großes Thema im Verein ist und die Erwartungen an ihn diesbezüglich sehr hoch sind: "Es ist eine große Aufgabe. Wir sind bereit. Unsere Mannschaft ist bereit. Wir haben keine Angst. We go for it. Es ist die Champions League. Niemand erwartet, dass es leicht wird."

Lieber gegen oder lieber nicht gegen Ex-Klub Leipzig?

In der Champions League könnte es schon in der Gruppenphase zu einem möglichen Aufeinandertreffen mit seinem Ex-Klub-Leipzig kommen, wo er die letzte Saison Assistenzcoach unter Ralf Rangnick war. Würde ihm das gefallen, das Los Leipzig zu ziehen? "Ich hoffe nicht", will Marsch lieber kein Wiedersehen in der Königsklasse mit seinen Leipzigern.

Seine Vorbilder

Seinen Lieblingsspieler wird wohl nicht jeder kennen. Es ist Demetrio Albertini. Vor langer Zeit ein grobmotorischer Sechser in der italienischen Serie A. Warum er? "Albertini war nicht das Supertalent, aber sehr intelligent." Als Vorbilder auf der Trainerposition, seiner Position, nannte Marsch zwei. Bob Bradley, seinen ehemaligen Trainer in Amerika. Und Champions League Sieger Jürgen Klopp: "Ich mag die Art und Weise seines Fußballs."

Ist Salzburg mit dem jetzigen Kader zufrieden?

Mit den Abgängen von Wolf, Dabbur, Gulbrandsen hat Meister Salzburg fast 50% der Tore der letzten Saison verloren. Sportdirektor Christoph Freund wird seinen neuen Trainer wohl nicht mit vielen Transfers beschenken. Er sagt: "Wir sind sehr, sehr zufrieden mit dem jetzigen Kader. Ich bin absolut überzeugt von der Qualität unserer Stürmer, dass wir sehr gut aufgestellt sind und sehr viele Tore erzielen werden."

Wie geht er mit der Fan-Kritik um?

Einen kleinen Schönheitsfleck gab es auch zu seinem Einstand. Fans hatten ein Transparent aufgehängt mit der Aufschrift "Nein zu Marsch". Marsch nimmt´s locker. "Ich kann es verstehen, sie kennen mich nicht. Die erste Reaktion der Fans ist vielleicht: ich bin Leipziger. Aber ich bin Salzburger!" Selbstbewusst schießt er noch nach: "Ich bin ein guter Fang für den Verein." In New York hatte Marsch ein ähnliches Erlebnis mit den dortigen Fans. Der alte Trainer war sehr populär. Nach einiger Zeit und guten sportlichen Ergebnissen hätte sich die Meinung der Fans aber schnell zu seinen Gunsten geändert.

Es fällt generell auf: Auf all seinen letzten Stationen reden alle nur sehr gut über Marsch. Auf die Frage eines investigativen Reporters, ob er auch eine schlechte Eigenschaft habe, witzelt Marsch: "Mein Deutsch". Marsch, ein Trainer, der die Sympathien da wie dort mit all seinen guten Eigenschaften in nicht einmal einer Stunde Pressekonferenz im Sturm einnahm.

Sollte er seinen Dreijahres-Vertrag erfüllen, wäre Jesse Marsch, der erste Trainer von Red Bull Salzburg, der länger als zwei Jahre bei RBS Trainer wäre. Marsch ist zuversichtlich: "Ich freue mich auf die nächsten drei Jahre."

  • VIENNA.AT
  • Fußball
  • Der neue Salzburg Trainer: "Mein Problem ist, wir haben zu viel Talent auf jeder Position"