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Der Körper als Leinwand: Ein Tattoo lässt die Welt zusammenrücken

Das Tattoo - zwei sich küssende Gesichter - wurden der Wienerin zugewiesen.
Das Tattoo - zwei sich küssende Gesichter - wurden der Wienerin zugewiesen. ©momondo
Taraneh Abdelrahimsai ist als einzige Österreicherin Teil des momondo "World Piece". Mit VIENNA.at hat die Wienerin über ihren Migrationshintergrund gesprochen und warum man die Dinge nicht immer so negativ sehen soll.

61 Menschen aus 61 Ländern sind Teil des momondo World Piece - ein Tattoo aus nur einer Linie, das Menschen aus der ganzen Welt miteinander verbinden soll. Taraneh Abdelrahimsai aus Wien nahm stellvertretend für Österreich am Projekt teil. VIENNA.at hat mit ihr darüber gesprochen.

Taraneh Abdelrahimsai (2. v. l.) ist Teil des World Piece. ©Momondo

VIENNA.at: Wieso hast du den Entschluss gefasst, beim Projekt teilzunehmen?

Abdelrahimsai: Ich wollte schon lange eine Single-Line-Tätowierung haben und bin daher ein Fan des Künstlers Mo Ganji. Durch Zufall hab ich dann von dem Projekt erfahren und hab mir gedacht "Geil, das passt genau zu mir". Als ich mich beworben habe, war ich gerade auf einer dreimonatigen Reise durch Asien und Australien.

Und wie lief die Bewerbung ab?

Gar nicht so leicht. Es gab psychologische Fragen, die man vorab beantworten musste, und ein Bewerbungsgespräch. Das habe ich damals über Skype aus Hongkong absolviert.

Ich wurde ausgewählt und gleich als ich wieder in Wien war, hab ich das Tattoo bekommen.

Weißt du denn, warum gerade du ausgewählt wurdest?

Sie haben mich genommen, weil ich prinzipiell einen sehr offenen Mindset vertrete. Ich finde jede Person hat die Möglichkeit eine offene Mentalität und respektvolle Umgangsformen zu entwickeln und zu leben. Meine Familie kommt ursprünglich aus Afghanistan und ich hab doch sehr stark mitgekommen, wie es ist, wenn du als Frau in so einem Umkreis aufwächst. Dem will ich mit gutem Beispiel entgegenwirken.

Auch in Wien?

Ja auch in Wien, aber in Afghanistan natürlich noch viel mehr. Aber dadurch, dass ich sehr liberal erzogen wurde und nicht in irgendeine Religion gezwängt wurde, will ich ein Vorbild für andere Frauen und Männer sein.

Natürlich kannst du nur ein offener Mensch werden, wenn das Umfeld das zulässt. Aber es hat auch viel mit der inneren Einstellung zu tun.

Ist das Umfeld in Österreich denn immer offen dir gegenüber? Spätestens beim Namen (Taraneh Abdelrahimsai, Anmerkung) muss dem Gegenüber doch klar sein, dass du ausländische Wurzeln hast.

Ja klar, aber ich liebe es, so zu heißen. Das ist gleich mal ein Punkt, wo man eine Konversation starten kann. Ich mag auch, wenn Leute anders denken, wenn Leute einen anderen Mindset haben als ich.

Taraneh Abdelrahimsai lebt und arbeitet in Wien. ©momondo

Aber es gab eigentlich nie Momente, wo ich richtig gemobbt wurde. Es gab Vorfälle, wie etwa bei meiner Matura. Ich habe meine Deutschmatura mit einem Einser bestanden und die (externe, Anmerkung) Lehrerin die die Noten mitgeteilt hat, hat mir gratuliert: "Herzliche Gratulation Frau Abdelrahimsai, auch wenn Sie erst seit kurzem die deutsche Sprache beherrschen." Dass ich in Wien geboren wurde, hat sie dabei nicht bedacht.

Und immer wieder gab es ein paar kleine Momente, wo man sich denkt "ok". Aber richtig ausländerfeindliche Situationen hatte ich nie, Gott sei Dank.

Was denkst du, woran das liegt?

Die Situationen hab ich immer relativ gut vermeiden können, weil ich relativ früh gelernt habe, ein starkes Auftreten zu haben. Ich hab mich nie einschüchtern lassen und bin immer in die direkte Konfrontation gegangen.

Ohne Angst, dass dir etwas zustoßen könnte?

Als ich 16 war, hab ich gesehen wie sich ein Skinhead und ein Punk geprügelt haben. Alle sind nur herumgestanden und ich bin dazwischen gegangen. Ich kann mich nicht raushalten, wenn ich sowas erlebe erlebe. Da bin ich eher die, die dazwischen geht und Frieden stiftet. Das ist mitunter auch ein Grund, warum ich beim Projekt mitmachen wollte.

Was hast du selbst vom Projekt mitgenommen?

Als sich alle 61 Teilnehmer in London getroffen haben, hatte jeder seine ganz eigene Geschichte mit dabei. Das gab es auch Leute, die teilweise dramatische Geschichten erlebt haben. Zum Beispiel eine Frau aus den USA, die lange Zeit rechtsradikal war und in der Neonazi-Szene unterwegs war. Die hat sich komplett geändert und versucht jetzt andere Leute zu inspirieren.

Und ich bin aber der Überzeugung, dass Leute, die einen offenen Mindset haben, immer mehr werden.

©momondo
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