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Der "gefährlichste Mann Österreichs" ist tot

Franz Olah war Ende der 50er-, Anfang der 60er-Jahre einer der mächtigsten Männer der Innenpolitik. Sein Freund Leopold Figl nannte ihn sogar den "gefährlichsten Mann Österreichs". Seit Freitagmorgen ist er tot.
Franz Olah gestorben
Blog-Nachruf auf viennablog.at

Innerparteiliche Zerwürfnisse setzten dem beharrlichen Aufstieg des machtbewussten Gewerkschafters, der ihn u.a. an die Spitze des ÖGB und ins Innenministerium geführt hatte, Mitte der 60er-Jahre ein jähes Ende: Er verlor alle Ämter, wurde aus der SPÖ ausgeschlossen und musste schließlich wegen widmungswidriger Verwendung von Gewerkschaftsgeldern zur Unterstützung der “Kronen Zeitung” und der FPÖ sogar für acht Monate ins Gefängnis.

Diese Freiheitsstrafe durchkreuzte den Versuch Olahs, mit der “Demokratischen Fortschrittlichen Partei” – die 1969 drei Gemeinderatsmandate in Wien erobert hatte – neu zu starten. Daraufhin zog er sich ganz aus der Politik zurück. Seine Ansichten, auch als Zeitzeuge der Zwischen- bis Nachkriegszeit, interessierten aber weiterhin, regelmäßig erschienen Interviews mit Olah – nicht nur in der “Krone”, die für ihn mit der “Geburtshilfe” für Hans Dichands Projekt einer der großen Stolpersteine war.

Die SPÖ machte, nach langer Zeit, ihren Frieden mit dem hoch betagten Olah. Bundespräsident Fischer verlieh ihm zum 95. Geburtstag – auf Antrag der VP-FP-Regierung – das Große Goldene Ehrenzeichen mit dem Stern für Verdienste um die Republik und würdigte dabei die “Gesamtheit der Leistungen” des früheren Parteikollegen. Eine von Helmut Zilk schon 1995 gestartete Initiative, ihn wieder in die Partei aufzunehmen, hatte Olah selbst abgelehnt.

Seinen letzten Lebensabschnitt verbrachte Olah in Baden bei Wien. Gelegentlich trat er öffentlich auf – so etwa 2006 bei einem Empfang des Badener Wahlkampfkomitees für Wolfgang Schüssel. Zuletzt saß er wegen Knieproblemen im Rollstuhl, zeigte sich in einem seiner letzten Interviews mit der “Wiener Zeitung” vom Juli d.J. aber zuversichtlich, seine gesundheitlichen Probleme zu überstehen.

In diesem Interview rechnete der 99-Jährige mit der aktuellen Politik ab: “Wirkliche Politik ist das nicht, was hier geschieht, dazu haben wir wohl leider auch nicht die richtigen Persönlichkeiten.” In der Politik würden sich “leider oft nicht die Allerbesten” durchsetzen. Über seine Erlebnisse mit der SPÖ, komme ihm, gestand Olah ein, manchmal “schon noch die Erbitterung hoch, aber so ist die Welt: Wer verliert, hat die Zeche zu zahlen.” Wobei er auch Figls Einschätzung stützt: Denn er gesteht ein, selbst “ganz sicher nicht harmlos” gewesen zu sein: “Ich hätte wahrscheinlich alle abserviert, wenn ich gewonnen hätte.”

Olah, geboren am 13. März 1910 als Sohn eines Handwerkers, war von Beruf Klaviermacher. Schon in der Jugend schloss er sich der Sozialdemokratie und der Gewerkschaft an – und machte wegen seiner “roten” Gesinnung schon unter dem Dollfuß-Regime mehrfach inhaftiert. 1938 wurde er mit dem ersten Österreich-Transport in das Konzentrationslager Dachau gebracht, bis 1945 wurde er in verschiedenen Lagern festgehalten.

Ab 1945 engagierte sich Olah für die Gründung der Zweiten Republik und des Gewerkschaftsbundes – und arbeitete sich auch in der SPÖ, ausgehend von der Parteiorganisation Wien-Hernals, nach oben. Untrennbar verbunden ist sein Name mit der Niederschlagung der kommunistischen Streikwelle im Herbst 1950. Da war er Vorsitzender der Bau-Holz-Gewerkschaft (bis 1957). 1948 Einzug in den Nationalrat, ÖGB-Vizepräsident 1955-1959, ÖGB-Präsident 1959-1963, Zweiter Nationalratspräsident von 1959 bis 1961 und schließlich Innenminister 1963 bis 1964 waren die wichtigen Stationen seines Aufstiegs.

Der endete abrupt am 3. November 1964 mit dem Ausschluss aus der SPÖ und der Absetzung als Innenminister. Unmittelbarer Auslöser war ein Interview Olahs mit der von der SPÖ als “gegnerisch” eingestuften “Presse”. Es folgte der Vorwurf der missbräuchlichen Verwendung von Gewerkschaftsgeldern, für die er im Jänner 1969 zu einem Jahr “schweren Kerker” verurteilt wurde. Sogar nach diesem Urteil gelang ihm mit seiner “Demokratischen Fortschrittlichen Partei” bei der Wien-Wahl im April 1969 der Einzug in den Gemeinderat. Mit dem Antritt der Haftstrafe endete allerdings dann sein politisches Leben.

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