Am Dienstagabend strahlte das russische Fernsehen den anderthalbminütigen Streifen aus, den die Gewalttäter von Beslan in den ersten Stunden nach ihrer Besatzung aufgezeichnet hatten. Bilder mit Hunderten zusammengepferchter Kinder und Erwachsener in der verminten Sporthalle. Die Videoaufnahmen lassen das Grauen der Gewalttat erahnen. Bei überlebenden Geiseln rufen die Bilder den Schrecken noch einmal wach.
Rima Somartowa ist trotzdem für die Ausstrahlung des Streifens. Die ganze Welt muss diese Bilder sehen, sagt die 57-Jährige, die mit ihren beiden Enkelkindern in den Händen der Gewalttäter war. Alles muss gezeigt werden. Sie und ihre Enkel sind wohlauf. Doch auch die 32-jährige Iseta Chugaewa, die ihre Schwester und ihre Nichte verloren hat, will, dass die Bilder öffentlich gezeigt werden. Der nordossetische Präsident Alexander Dsasochow sei mit Schuld an dem Drama, da er nicht wie von den Geiselnehmer gefordert nach Beslan gekommen sei. Jeder muss sehen, was man uns hier angetan hat.
In dem Video sitzen die Geiseln zusammengedrängt auf dem Boden der Turnhalle, manche fächeln sich Luft zu. Maskierte Bewaffnete spannen Drähte durch den Raum. An ihnen hängen Sprengsätze. Auch die Basketballkörbe sind mit Sprengkörpern gefüllt. Zwei Frauen in Schwarz sind zu sehen; sie tragen Schusswaffen und Sprengstoffgürtel. Eine Einstellung zeigt eine Wand, die offenbar mit Blut bespritzt ist, eine andere ein brennendes Nachbargebäude.
Den kurzen Filmausschnitt hat in Beslan allerdings kaum jemand gesehen. Denn abgesehen von dem russischen Sender NTW, der die kurze Sequenz bisher nur einmal gezeigt hat, sind die Bilder auf keinem anderen Sender gelaufen. Aber die Meinung der Einwohner Beslans zu dem Video ist trotzdem einstimmig. Denn fast jeder hat Angehörige, Bekannte oder Nachbarn, die umgekommen sind oder einen Toten zu beklagen haben. Die Geiselnehmer sind einfach Tiere, und so viele Kinder sind gestorben, sagt die 60 Jahre alte Olga Beowajewa. Die Öffentlichkeit muss alles über die Geiselnehmer erfahren.