AA

Der Fall Wilhelm Reich - Kritik und Trailer zum Film

Wenn ein Filmemacher bei einem Biopic allzu große Sympathie für sein Sujet hegt, kann dies für das Werk von Nachteil sein: Regisseur Antonin Svoboda ist bei seinem neuen Film "The Strange Case of Wilhelm Reich", der am Sonntagabend bei der 50. Viennale seine Uraufführung erlebte, in diese Falle getappt. Alle Spielzeiten auf einen Blick

In großen Bildern und mit Starbesetzung von Klaus Maria Brandauer abwärts, erzählt Svoboda die letzten Jahre im Leben des exilierten österreichischen Psychoanalytikers und Wissenschafters in den USA und sein Scheitern an den Behörden inmitten des Kalten Krieges. Am Ende bleibt ein etwas hybrider Eindruck des sehr viel Gewollten. Im Jänner soll der Film regulär in die Kinos kommen.Ausgehend von der Gerichtsverhandlung, bei der Reich als Scharlatan angeklagt ist, schildert “The Strange Case of Wilhelm Reich” mittels Rückblenden die Forschung des einstigen Freud-Schülers und Sexualforschers an der von ihm indizierten allumfassenden Lebensenergie Orgon. Damit eckte Reich ebenso an wie mit seiner ablehnenden Haltung gegenüber der Atompolitik der USA. Zwei Jahre nach seiner schließlich erfolgten Verurteilung verstarb der Exilant 1957 im Gefängnis, was auch das Ende des Films markiert.

Hybrider “Strange Case of Wilhelm Reich” mit Starcast

Dieses ereignisreiche Leben fasziniert Svoboda schon lange, hatte er doch 2009 mit “Wer hat Angst vor Wilhelm Reich?” bereits eine Dokumentation zum Thema vorgelegt. Nun handelt auch sein erster Spielfilm seit “Immer nie am Meer” (2007) von der Geschichte des akademischen Außenseiters. Ein wenig krankt dabei die Narration daran, dass der Regisseur sich in der wissenschaftlichen Auseinandersetzung um die Frage, wie fundiert oder abstrus die Reich’schen Theorien sind, fachlich nicht positionieren kann. So zeigt er zwar nicht dezidiert die Wirksamkeit von Orgonakkumulatoren- und Cloudbustertechnologien – er impliziert sie allerdings.

Für die Rolle des Reich, den Svoboda nicht als Getriebenen, sondern primär als Verfolgten schildert, konnte er Brandauer gewinnen, der erstmals seit “Jedermanns Fest” (2002) wieder in einem österreichischen Film spielt. Ihm stehen als Tochter Julia Jentsch, als Pendants Gary Lewis (“Gangs of New York”) und David Rasche (“Burn after Reading”) sowie in einer Nebenrolle Birgit Minichmayr bei. Doch ungeachtet des renommierten Casts, wirken viele Dialoge hölzern, da sich die Figuren – Svoboda zeichnete auch für das Drehbuch verantwortlich – meist in gestelzten Weisheiten unterhalten. Dazu mag beitragen, dass sich der mehrheitlich deutschsprachige Cast historisch korrekt Englisch miteinander unterhält, was das natürliche Spiel offensichtlich erschwert.

Aufgenommen ist die Geschichte allerdings in den mächtigen Bildern von Kameramann Martin Gschlacht (“Atmen”). In variantenreicher Ausleuchtung sind die einzelnen Szenen gestaltet, die Personen werden umkreist bei Dialogen, Bildausschnitte immer wieder überraschend gesetzt. Mächtig neoromantisch kommt ungeachtet eines unnatürlich-detailreichen Sounddesigns auch der Soundtrack der Gebrüder Bernd und Stefan Jungmair daher. Alles in allem stellt “The Strange Case of Wilhelm Reich” somit ein gelungenes Beispiel dafür da, dass österreichisches Kino in der Gestaltung den Rahmen der Kleinproduktion sprengen und internationales Flair versprühen kann.

(APA)

  • VIENNA.AT
  • Kino-News und Kinotrailer
  • Der Fall Wilhelm Reich - Kritik und Trailer zum Film
  • Kommentare
    Kommentare
    Grund der Meldung
    • Werbung
    • Verstoß gegen Nutzungsbedingungen
    • Persönliche Daten veröffentlicht
    Noch 1000 Zeichen