In Izmir geboren ging er als Zehnjähriger ans Staatliche Konservatorium, lernte dort ganz klassisch das Horn, wechselte an die Musikhochschule in Köln, wo er dem Horn noch das Klavier zur Seite stellte, und las dann eine Stellenanzeige des Zirkus Hagenbeck. Dort suchte man nämlich einen Kapellmeister und das war auch gut, brachte ihn die Zirkusmanege doch direkt zum Komponieren und nach Vorarlberg.
Wie auf Vinyl gepresst
Als ich in den 1970er-Jahren ans Konservatorium ging, war das schon etwas ganz Besonderes. Es war eine Schule mit einem sehr internationalen Flair, erinnert sich der Wahlklauser. Aber anders als man vielleicht denken würde, stand die traditionelle türkische Musik nicht auf dem Lehrplan. Doch dazu später. Murat Üstün war ein guter Hornist, ein sehr guter. Ihm selbst aber reichte das nicht. Ich klang einfach nicht, wie die Hornisten auf den Schallplatten. Deshalb habe ich mich für einen Workshop in Deutschland angemeldet und daraus entstand der Kontakt zur Musikhochschule Köln. Erich Penzel hat dort aus mir jenen Musiker gemacht, der ich heute bin. Ein türkischer Hornist war damals eben doch außergewöhnlich, lacht Üstün, der erst kürzlich für die Diözese Feldkirch ein Werk über Provikar Carl Lampert komponierte und seit Herbst 2010 das Feldkircher Stadtorchester leitet.
Der Zirkus ruft
Richtung Türkei verabschiedete er sich nach seiner Studienzeit. Denn eigentlich war geplant, dass er dort nach der Zeit beim Militär als Musiker tätig sein würde. Soweit der Plan, doch dann las Murat Üstün eben jene Stellenanzeige des Zirkus Hagenbeck, bewarb sich und holte sich den Job. Da stand sie, die 13-köpfige Kapelle leider so ganz ohne Noten. In drei Tagen hätte die Show starten sollen und wir hatten fast nichts zu spielen. Ich hatte während des Studiums oft handschriftliche Partituren vorgelegt bekommen, um daraus Einzelstimmen herauszuschreiben. Das kam mir jetzt zugute, setzte sich Üstün über das Notenblatt und schrieb, was die Artisten beim Auftritt begleiten sollte. Vielleicht auch die Noten für den Clown Walter Galetti. Seine Tochter Mariza ist heute Frau Üstün und aus der Rückkehr in die Türkei wurde die Familiengründung in Klaus.
Nicht zu bremsen
Kein schlechter Tausch für die Vorarlberger Musikszene. Hier nämlich holte sich Üstün bei Guntram Simma den letzten Feinschliff, übernahm die Musikkapelle Dornbirn Hatlerdorf und komponierte zwischen Ost und West. Üstün: Ich wollte mich einfach nicht bremsen. Die türkische Musik gehört eben zu meiner Identität. Derzeit sitzt Murat Üstün über den Noten für ein neues Projekt. Er schreibt türkische Musik für europäische Instrumente. Im Sommer kommt übrigens die Komposition Kilim von Murat Üstün bei den Bregenzer Festspielen zur Uraufführung. Noch zu lange? Kein Problem, das Frühjahrskonzert des Stadtorchesters Feldkirch ist ja schon im April und da steht Murat Üstün ganz vorne am Dirigentenpult.
Zur Person: Murat Üstün
Musiker, Komponist, Dirigent
Geboren: 10. Mai 1959 in Izmir
Ausbildung: Staatliches Konservatorium Izmir, Studium an der Musikhochschule in Köln
Laufbahn: als Hornist beim Orchester Gelsenkirchen, Kapellmeister beim Zirkus Hagenbeck, Kapellmeister in Hatlerdorf, leitet seit Herbst 2010 das Stadtorchester Feldkirch
Werke: Auftragswerke u. a. für die Vorarlberger Landesregierung, das Flötenensemble der Wiener Symphoniker, die Diözese Feldkirch und den Spielbodenchor
Familie: verheiratet, zwei Kinder
Wohnort: Klaus