Niemand sonst sei nach Verlassen des Landes so beleidigt worden wie er, schrieb der 63-Jährige in einem offenen Brief an Premierminister Jean-Marc Ayrault. Er verlange keine Zustimmung, aber Respekt seiner Person gegenüber.
Ayrault hatte Depardieus Umzug zuvor in einem Fernsehinterview als “unpatriotisch” und “ziemlich erbärmlich” bezeichnet. Der Schauspieler (“Cyrano de Bergerac”, “Asterix & Obelix”) erwiderte in seinem Brief, er verlasse Frankreich, weil die Regierung der Ansicht sei, Erfolg und Talent müssten bestraft werden. “Wer sind Sie, dass Sie glauben, so über mich urteilen zu können, frage ich Sie, Herr Ayrault?”, empörte sich Depardieu in dem von der Sonntagszeitung “Journal du Dimanche” veröffentlichten Brief. Er habe sich nie vor dem Steuerzahlen gedrückt und in 45 Jahren 145 Millionen Euro überwiesen.
Schon nach belgischen Pass erkundigt
Depardieu hat sich beim Bürgermeister seines neuen Wohnortes Néchin, Daniel Senesael, bereits erkundigt, wie er an einen belgischen Pass komme. Lalieux verwies darauf, dass am 1. Jänner in Belgien ein Gesetz in Kraft tritt, das die Einbürgerung bestimmter Personen beschleunige. Es sehe vor, dass Sportler oder Künstler, die möglicherweise das Ansehen Belgiens mehren, schon nach sechsmonatigem Aufenthalt die belgische Staatsbürgerschaft beantragen können. Normalerweise ist dies frühestens nach drei Jahren möglich.
Grund ist neuer Spitzensteuersatz
Der Schauspieler (“Cyrano de Bergerac”, “Asterix und Obelix”) hatte sich in einem am Wochenende veröffentlichten Brief an den französischen Premierminister Jean-Marc Ayrault gegen dessen Kritik verwahrt. Ayrault hatte Depardieus Ärger über einen neuen Spitzensteuersatz von 75 Prozent als “unpatriotisch” und “ziemlich erbärmlich” bezeichnet. Depardieu hatte angekündigt, seinen französischen Pass und seine nie benutzte Sozialversicherungskarte zurückgeben zu wollen.
Zeitungen kritisieren Frankreich und EU
Depardieus Ankündigung, er werde aus Steuergründen nach Belgien ziehen, hat zu zahlreichen Zeitungskommentaren geführt. “Er hat weder betrogen noch geschummelt. Er profitiert ganz einfach auf zynische Weise von den Lücken des europäischen Systems”, schreibt die Straßburger Zeitung “Dernières Nouvelles d’Alsace”.”Der Fall Depardieu ist interessant, weil er auf perfekte Weise die Versäumnisse der EU-Steuerpolitik mit ihren 27 unterschiedlichen Geschwindigkeiten aufzeigt. Er zeigt, dass in einem einheitlichen geografischen Wirtschaftsraum eine Steuerharmonisierung unabdinglich ist.”
Die rechtsliberale spanische Zeitung “El Mundo” kommentiert: “Gerard Depardieu ist das Gesicht, das in aller Welt mit Frankreich identifiziert wird. Er hat mit seinem Protest gegen die Steuerpolitik der französischen Regierung durchaus recht. Denn die Steuersätze, die auf die Einkommen einiger Franzosen erhoben werden, grenzen an eine Beschlagnahme.” Die Zeitung “Le Midi Libre” aus dem südfranzösischen Montpellier schreibt: “Schuld sind seine hohen Einkünfte, die von Finanzministerium kräftig zurückgestutzt werden. Schuld ist aber auch der französische Staat, der – ob von Linken oder von Konservativen regiert – unfähig ist, das öffentliche Geld zu verwalten. Schuld ist schließlich die EU, die angesichts der Unterschiede bei der Besteuerung und der Steuerparadiese hilflos ist.”
Belgien hat keine Vermögenssteuer
In Frankreich werden Einkommen, die höher als eine Million Euro jährlich sind, von 2013 an mit 75 Prozent besteuert. In Belgien dagegen gibt es keine Vermögensteuer. (de)