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Demütigung: Gläubiger Häftling aus Josefstadt erhielt Leibesvisitation in Kapelle

Der katholische Häftling wurde ausgerechnet in einer Kapelle untersucht
Der katholische Häftling wurde ausgerechnet in einer Kapelle untersucht ©Bilderbox (Symbolbild)
Ein tiefgläubiger Häftling aus Wien-Josefstadt, der im Sommer auf Ausgang war, wurde bei seiner Rückkehr von einem Justizwachebeamten gedemütigt. Der Mann unterzog ihn ausgerechnet in einer Kapelle einer Leibesvisitation.

Der demütigende Vorfall geschah am 16. Juli 2011 in einer Außenstelle der Justizanstalt (JA) Wien-Josefstadt. Ein Häftling war gedemütigt worden, indem der tiefgläubige, praktizierende Katholik nach einem genehmigten Ausgang von einem Justizwachebeamten gezwungen wurde, sich in der hauseigenen Kapelle auszuziehen und seine Kleidung am Altar abzulegen.

Verletzung der religiösen Gefühle

Danach unterzog ihn der Beamte unmittelbar neben dem Altar einer peniblen Leibesvisitation. “Das hat mich in meinen religiösen Gefühlen zutiefst verletzt”, berichtete der 55-jährige Mann am Freitag.

Peter Prechtl, der interimistische Leiter der Vollzugsdirektion, bestätigte den Vorfall: “Es ist Tatsache, dass das passiert ist. Weshalb das in der Kapelle und nicht in einem Dienstzimmer stattgefunden hat, ist nicht nachvollziehbar und nicht verständlich. Es hätte auch andere Räumlichkeiten gegeben.”

Religion im Gefängnis unwichtig?

Der Zwischenfall ereignete sich am 16. Juli 2011 in der Außenstelle Wilhelmshöhe, einer ehemaligen Lungenheilstätte in Pressbaum (Bezirk Wien-Umgebung). Nach einem elfstündigen Ausgang habe ihn ein Beamter in die im ersten Stock gelegene Kapelle gebracht und aufgefordert, sich zur Vornahme einer – nach Ausgängen routinemäßig vorgesehen – Visitation zur Gänze zu entkleiden. “Ich habe Angst gehabt”, erklärte der Häftling, der eine Freiheitsstrafe wegen Betrugs zu verbüßen hat. Daher habe er gehorcht. Es sei “besonders schlimm” gewesen, dass ausgerechnet in jenem Raum, in dem er üblicherweise gebetet und Andacht gehalten habe, seine Körperöffnungen inspiziert wurden.

“Jede Religion sollte auch im Gefängnis akzeptiert werden”, forderte der Mann, der mittlerweile in die JA Simmering verlegt wurde, wo er Freigänger ist und voraussichtlich in wenigen Monaten endgültig entlassen werden wird.

Verwarnung für Beamten aus Josefstadt

“Der betreffende Beamte ist disziplinarrechtlich zur Verantwortung gezogen worden. Es hat eine schriftliche Verwarnung gegeben”, betonte der Leiter der Vollzugsdirektion. Ein zweiter Beamter, der bei einer Visitation zwingend dabei zu sein hat, habe eingreifen und das Vorgehen seines Kollegen unterbinden wollen, sich aber nicht durchgesetzt. “Das Geschehene ist nicht zu beschönigen, auch wenn sich meinen Informationen zufolge das Allerheiligste zu diesem Zeitpunkt nicht im Raum befunden hat”, so Prechtl.

Strafrechtlich hat der Beamte keine Konsequenzen zu befürchten. Die Staatsanwaltschaft St. Pölten hat ein anhängiges Verfahren eingestellt. “Es konnte kein gerichtlicher Tatbestand festgestellt werden”, teilte Behördensprecherin Michaela Obenaus mit.

Der Beamte war wegen Nötigung angezeigt worden. Offenbar ließ sich bei den Ermittlungen nicht beweisen, dass er den Häftling mit Gewalt oder gefährlicher Drohung zur Duldung der Visitation unmittelbar neben dem Altar gebracht hatte. Wie Obenaus betonte, wurde der Vorfall von Amts wegen “umfassend in alle Richtungen geprüft”. Es habe sich – abgesehen vom Nötigungs-Verdacht des Häftlings aus Josefstadt- auch kein sonstiges deliktisches Verhalten nachweisen lassen.(apa)

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