Die US-Streitkräfte bekommen einen neuen Generalstabschef. Präsident Barack Obama nominierte am Montag den Vier-Sterne-General Martin Dempsey für den höchsten Posten, den ein US-Soldat in seiner Militärkarriere erreichen kann.
Der Senat muss der Beförderung noch zustimmen, bevor Dempsey als Nachfolger von Admiral Mike Mullen antreten kann, der im September in den Ruhestand geht. Der Generalstabschef ist der wichtigste militärische Berater des Präsidenten, der seinerseits das Oberkommando über die Streitkräfte hat.
Dempsey übernimmt die Armeeführung zu einem Zeitpunkt, zu dem der Irak-Einsatz beendet werden soll, die Truppen sich schrittweise aus Afghanistan zurückziehen wollen, und die Region zudem vor großen Herausforderungen durch die Umwälzungen in der arabischen Welt steht. Weil das Pentagon sich auf finanzielle Einschnitte einstellt, wächst zugleich der Druck auf das Verteidigungsbudget der USA.
An der US-Elite-Militärakademie West Point unterrichtete der aus der Arbeiterklasse New Yorks und New Jerseys stammende Dempsey Offiziersanwärter in englischer Literatur. Er selbst schloss die Akademie im selben Jahrgang wie ein weiterer Vier-Sterne-General ab: der heutige Oberbefehlshaber der NATO-Truppen in Afghanistan, David Petraeus. Dempsey stand lange im Schatten von Petraeus, der sich vor allem als Kommandant im Irak einen Namen machte und demnächst Chef des US-Geheimdienstes CIA werden soll.
Neben Petraeus lernte Dempsey an der US-Generalstabsakademie in den 80er Jahren mit Ashfaq Kayani einen weiteren inzwischen prominenten Offizier kennen, der heute Chef der pakistanischen Armee ist und nach dem US-Einsatz gegen Al-Kaida-Chef Osama bin Laden in Pakistan mit den USA aneinandergeraten war.
Von 2003 bis 2004 kommandierte Dempsey die erste US-Panzerdivision im Irak, überwachte die Einsätze gegen Aufständische des radikalen Schiitenpredigers Moktada al Sadr und vertrieb die Miliz aus den südlichen Städten des Landes. Anschließend widmete sich Dempsey der Ausbildung irakischer Truppen. Daneben war Dempsey Kommandant für die US-Truppen im Nahen Osten und in Zentralasien. Seit April führt er das Kommando über die US-Bodentruppen.
“Was er für den Posten mitbringen wird, ist vor allem Erfahrung in den Kriegen, in denen wir uns befinden”, sagt der pensionierte Generalleutnant und Freund Dempseys, David Barno, über den künftigen ranghöchsten US-Offizier. Er sei als umsichtige, unabhängige Führungsfigur bekannt, der Formalitäten gerne aus dem Weg geht. Während seiner Zeit beim Zentralkommando der Streitkräfte sei Dempsey dafür bekanntgewesen, während der morgendlichen Lagebesprechungen in die hinteren Reihen zu gehen, um untergeordnete Offiziere nach ihrer Meinung zu fragen, sagt Barno. “Er hat ein Gefühl für die Seele der Organisation, er kann wirklich fühlen, was junge Soldaten durchmachen und hat einen besseren Draht zu ihnen als alle, die ich kenne”, sagt der Berater am Center for a New American Security.
Anders als sein eher reservierter Vorgänger Mullen gilt Dempsey als extrovertierter und humorvoller Mensch mit einer Vorliebe, in der Öffentlichkeit zu singen. Sein Lieblingshit ist Frank Sinatras “New York, New York”, den er mit viel Herzblut in völlig ungenierten Darbietungen schmettern kann, wie sich in entsprechenden Videos auf YouTube bewundern lässt.
Nachdem Dempsey erst im April die Leitung der Bodentruppen übernommen hatte, führte seine Nominierung zum Generalstabschef zu Spekulationen, das Weiße Haus habe in letzter Minute seine Pläne geändert. Bisher war als Nachfolger von Mullen der General James Cartwright von der Marineinfanterie gehandelt worden, der aber nicht genügend Unterstützung unter den ranghohen Offizieren haben soll.
(Quelle: APA)