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Debatte über 9/11 Traktat

Nach Antisemitismus-Vorwurf: Der Suhrkamp Verlag hat sich von dem umstrittenen Buch des kanadisch-britischen Philosophen Ted Honderich distanziert.

Der Verlag werde das unter Antisemitismus-Verdacht geratene Buch „Nach dem Terror. Ein Traktat“ nicht wieder auflegen und die Rechte an dem Buch zurückgeben, teilte Suhrkamp am Mittwoch in Frankfurt mit. Das erst im Juli 2003 erschienene Buch ist laut Verlag in erster Auflage bereits vergriffen. Der Verlag bedauerte zugleich, das ihm „die Haltung des Autors zum palästinensischen Terrorismus nicht rechtzeitig deutlich wurde“.

Der Direktor des Fritz-Bauer-Instituts in Frankfurt, Micha Brumlik, hatte zuvor schwere Antisemitismus-Vorwürfe erhoben. Noch am Dienstag hatte Suhrkamp-Programmleiter Günter Berg die Vorwürfe zurückgewiesen. In dem Buch schreibt Honderich unter anderem: „Ich für meinen Teil habe keinen ernsthaften Zweifel, (…), dass die Palästinenser mit ihrem Terrorismus gegen die Israelis ein moralisches Recht ausgeübt haben.“

Seine überraschende Entscheidung vom Mittwoch begründete Suhrkamp damit, dass Honderich die in seinem „Traktat“ geäußerte Position im Internet radikalisiert habe. Was im Buch noch Zitat sei, mache er sich dort in dem Satz zu eigen: „The Palestinians are right to look back to Fascist Germany and say they are the Jews of the Jews.“ (Die Palästinenser haben Recht, wenn sie auf das faschistische Deutschland zurückschauen und sagen, wir sind die Juden der Juden). Damit habe Honderich die Ebene zur Erörterung von kontrovers diskutierten Konflikten verlassen.

Der Philosoph Jürgen Habermas, der Honderichs Buch dem Verlag empfohlen hatte, verwahrte sich am Mittwoch in der „Frankfurter Rundschau“ gegen die Vorwürfe Brumliks. Der renommierte Frankfurter Philosoph räumte allerdings ein, das „hemdsärmelige Pamphlet“ von Honderich enthalte einige Sätze, die sich, „wenn man sie ohne hermeneutische Nachsicht aus dem Zusammenhang der Argumente löst, auch gegen die Intention eines Autors immer für antisemitische Zwecke verwenden“ ließen. Es tue ihm jedoch leid, wenn er es bei seiner Empfehlung des Buches an der gebotenen Rücksichtnahme habe fehlen lassen.

Brumlik hatte kritisierte, dass ausgerechnet ein Verlag wie Suhrkamp, der unter anderem einen Jüdischen Verlag betreibe, „philosophischen Judenhass“ publiziere. Erst im vergangenen Jahr hatte der ebenfalls von Suhrkamp veröffentlichte Roman „Tod eines Kritikers“ von Martin Walser wegen Antisemitismus-Vorwürfen zu einer heftigen Debatte geführt.

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