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Das Wiener Mann-Weib

Gewalttätige Verwechslung am nächtlichen Wiener Gürtel: Warum ein Staplerfahrer über einen Mann in Frauenkleidern herfiel.

In seinem roten Kostüm, dem eleganten blauen Mantel und den schwarzen Seidenstrümpfen machte ein 31jähriger Kellner am 25. September 1999 in der tschechischen Botschaft in Wien gute Figur. Bekannte hatten ihn zu einem Theaterabend mit anschließendem Empfang eingeladen. Recht spät machte er sich zu Fuß auf den Nachhauseweg. Am Gürtel fiel plötzlich der 43jährige Staplerfahrer Johann Sch. über die auf den ersten Blick attraktive Frau her, warf sein Opfer zu Boden und versuchte, es zu vergewaltigen. Nun folgte im Landesgericht das gerichtliche Nachspiel.

“Niemand merkt, dass ich ein Mann bin”, sagte der Kellner, der nach eigenen Angaben bisexuell veranlagt und mit Vorliebe in Frauenkleidern unterwegs ist. Zur Verhandlung erschien der 31-Jährige allerdings in Blue Jeans und schlichtem Pullover. Wenn er sich aber schminkt und entsprechend anzieht, werde er in Lokalen regelmäßig von Männern auf Getränke eingeladen, berichtete der Mann.

Der Staplerfahrer Johann Sch. sei damals sei nach der Arbeit einfach zu faul gewesen, um sich daheim etwas zu kochen, erklärte er. Also entschloss er sich zu einer sogenannten “Tour” und genehmigte sich zunächst einmal eine Currywurst. “Da hat mir die Speiseröhre dann so brannt, und da hab i an Cognac braucht”, verriet er dem Schöffensenat. Wein, Whiskey und Bier folgten.

An den Überfall konnte oder wollte sich Johann Sch. nicht mehr erinnern: “Es tut mir fürchterlich leid”, betonte er. Er wisse nur, dass ihn ein Polizist auf der Wachstube mit den Worten “Der is’ deppert” ausgelacht habe.

Nach Ansicht des Opfers war Johann Sch. bis zuletzt nicht klar geworden, dass er ihn Wahrheit an einen Vertreter des starken Geschlechts geraten war. “Er hat auf mich eingeschlagen und gesagt: ‘Halt die Gosch’n, Schlampe!’, bevor ich davonlaufen konnte”, so der Zeuge. Er sei nicht in der Lage gewesen, ihn aufzuklären: “Ich war unter Schock.”

Johann Sch. wurde wegen Begehung einer Straftat “im Zustand der vollen Berauschung” zu zehn Monaten bedingt verurteilt. (5.11.99)

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