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Das Vaterspiel

Weder Hakenkreuzfahnen noch Nazi-Uniformen sind zu sehen. In einem Film über die Aufarbeitung des Nationalsozialismus ist das nicht gerade üblich. Auch ohne die Symbole des Nazi-Regimes wirft die Verfilmung von Josef Haslingers Roman "Das Vaterspiel" auf bedrückende Weise komplexe moralische Fragen auf.

Der österreichische Regisseur Michael Glawogger (“Workingman’s Death”) bettet die Aufarbeitung der NS-Verbrechen in eine übergreifende Geschichte über das Verhältnis der Generationen ein.

Da ist zum einen Ratz (Helmut Köpping), der seinen Vater (Christian Tramitz), einen österreichischen Minister, abgrundtief hasst. Um den Konflikt mit ihm auszuleben, entwickelt der 35-Jährige ein PC-Spiel, bei dem der eigene Vater virtuell getötet wird. Gewalt in Computerspielen ist nur eines von mehreren heißen Eisen, die der Film anpackt.   

Plötzlich bittet Ratz’ Studienfreundin Mimi (Sabine Timoteo) ihn zu sich nach New York – wozu, sagt sie nicht. Der Entschluss zur Reise fällt Ratz nicht schwer – endlich kann er den zerrütteten Verhältnissen in seinem Elternhaus entfliehen. In New York soll Ratz das Kellerversteck für Mimis Großvater, einen gesuchten NS- Kriegsverbrecher, ausbauen. Der frühere Nazischerge war 1941 in Litauen an einem Massaker an Juden beteiligt. Der 78 Jahre alte Greis zeigt aber keine Reue und ist überzeugt, dass die Vernichtung der Juden notwendig war.

Ratz stellt sich zwar klar gegen die Täter (“Mit Nazis will ich nichts zu tun haben”). Doch statt den alten Mann anzuzeigen, hilft er ihm beim Untertauchen – und empfindet zunehmend Sympathie. Soll ein gebrechlicher alter Mann Jahrzehnte nach seinen Verbrechen noch zur Rechenschaft gezogen werden? Gibt es überhaupt noch eine gerechte Strafe – oder ist das Wissen um die eigene Schuld schon Strafe genug?

Parallelen zum mutmaßlichen NS-Kriegsverbrecher John Demjanjuk, der von Ende November an in München vor Gericht steht, drängen sich auf. Regisseur Glawogger, Jahrgang 1959, geht es hier auch um die Auseinandersetzung mit seiner eigenen Generation. Die wettere immer besonders laut, sei aber nie moralisch herausgefordert worden: “Statt mit dem Finger auf unsere Eltern zu zeigen, sollten wir uns vielmehr fragen, was wir selbst in dieser Zeit getan hätten.”
Was 1941 genau vorfiel, erfährt der Zuschauer durch eine Rückblende ins Jahr 1959, als der von Ulrich Tukur gespielte Sohn eines jüdischen Opfers Ermittlern in Ludwigsburg die Geschichte zu Protokoll gibt. Dem Zuschauer wird abverlangt, die verschiedenen Handlungsstränge wie ein Puzzle zusammenzufügen. Der Regisseur entschied sich gegen die Rekonstruktion der Geschichte und für eine Protokollsituation – “einer der stärksten Momente im Film”, wie Glawogger selbst findet.

Die drei Handlungsebenen – Ratz’ hasserfülltes Verhältnis zu seinem Vater in Wien, die Protokollsituation in Ludwigsburg und das Gespräch mit dem NS-Kriegsverbrecher in Amerika – zusammenzuführen, ohne dass der Film zerfranst, ist die Leistung des Regisseurs.

Trailer:

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