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"Das Motiv war einzig und allein die Liebe"

Der Prozess um einen verliebten Hochstapler, der seiner Frau ein Luxusleben gönnen wollte, hat in Wien begonnen.
Um seiner geliebten Ehefrau ein schönes Leben zu bieten, mietete sich ein 33-jähriger Wiener mit dieser und dem gemeinsamen, zwei Jahre alten Sohn in einer Traum-Wohnung in Döbling ein, die monatlich 4.000 Euro kostete. Er holte auch die Hochzeitsreise nach, wobei der Trip nach Mauritius mit über 12.000 Euro ebenso wenig preisgünstig ausfiel. Am Mittwoch erwachte der Mann im Straflandesgericht aus seinem Traum vom perfekten Eheleben: Da er für Wohnung und Urlaub keinen einzigen Cent bezahlt und sich darüber hinaus noch zehn teure PCs ergaunert hatte, wurde er zu zwei Jahren Haft verurteilt. Richter Christian Böhm sah dem bisher Unbescholtenen nach rund dreimonatiger U-Haft die Strafe unter Setzung einer dreijährigen Probezeit bedingt nach. Der Staatsanwältin war das zu milde, sie meldete Berufung an.

“Warum macht man so was?”, fragte sich Verteidiger Normann Hofstätter zu Beginn der Verhandlung und gab sich mit “Das Motiv war einzig und allein die Liebe, die Liebe” gleich selbst die Antwort. Anschließend schluchzte sich sein Mandant durch die Verhandlung, was den Richter erboste: “Schnäuzen Sie sich! Beruhigen Sie sich! Schnaufen Sie durch! Das hätten Sie sich vorher überlegen müssen. Durchschnaufen sollen Sie!” Nach weiterem Weinen reichte Böhm dem Angeklagten schließlich ein Taschentuch: “Hören Sie auf zum Aufziehen!”

“Ich habe Luftschlösser gebaut”, gab der 33-Jährige schließlich mit tränenerstickter Stimme zu Protokoll. Er sei “blind vor Liebe” gewesen: “Ich wollte meiner Frau ein Leben bieten, das ich mir nicht leisten konnte und leisten kann.” Der Mann hatte sich als IT-Experte selbstständig gemacht, Aufträge blieben allerdings aus. Deshalb fabrizierte er am Computer falsche Zahlungsbestätigungen, mit denen er seinem Vermieter und dem Reisebüro Überweisungen vortäuschte.

“Das war die Hochzeitsreise, die ich immer wollte. Eine Woche ein Stück Paradies haben”, meinte der Angeklagte. Die Wohnung habe sich seine Frau “immer gewünscht. Da kann der Bub spielen und sich austoben”. Das sei halt etwas Anderes “wie in anderen Bezirken, wo’s nur Beton gibt und höchstens einen Baum”. Sein einziges Bestreben sei es gewesen, “erfolgreich zu sein und meiner Familie ein guter Vater und Ehemann zu sein”. Weil das auf rechtem Wege nicht zu erreichen war, habe er “diesen Riesenblödsinn gemacht” anstatt “der Wahrheit ins Auge zu sehen.”

Der 33-Jährige wurde nach der Verhandlung auf freien Fuß gesetzt. Er kündigte an, unverzüglich zu seiner Frau, einer gebürtigen Tschechin, fahren zu wollen, die inzwischen wieder bei ihren Eltern lebt. Obwohl sie feststellen musste, dass ihr Mann sie hinters Licht geführt hatte – sie hatte keine Ahnung, dass das schöne Leben auf Betrügereien fußte -, hält sie laut Verteidiger weiter zum 33-Jährigen.

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