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Kontrastprogramm auf der Anklagebank

Der pensionierte Gerichtsbeamte Walter M. ließ sich nicht im Geringsten aus der Ruhe bringen.
Der pensionierte Gerichtsbeamte Walter M. ließ sich nicht im Geringsten aus der Ruhe bringen. ©VOL.AT/ Hartinger
Salzburg, Dornbirn - Am elften Tag des Fälscherprozesses am Dienstag kam Clemens M. schwer unter Druck, Walter M. „cool“, Jürgen H. schwieg erneut.
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Im Mittelpunkt standen am gestrigen elften Tag des großen Testamentsprozesses in Salzburg die beiden Mitangeklagten Clemens M. (52) und Walter M. (73). In der gefälschten Verlassenschaft Josef Wohlgenannt spielten die beiden laut Anklageschrift gemeinsam mit dem Hauptangeklagten Jürgen H. (48) Hauptrollen. Während der Hauptangeklagte Jürgen H. auch gestern schwieg und seine Aussagen verlesen wurden, standen Clemens M. und Walter M. Rede und Antwort.

Kein Vorteil

Josef Wohlgenannt, der allseits bekannte Ebniter Busfahrer, verstarb am 21. Dezember 2003. Er lebte bis zu seinem Tod in Partnerschaft, obwohl er offiziell noch verheiratet war. Testament hinterließ er keines. Ein gefälschtes hat dann der Hauptangeklagte Jürgen H. verfasst. Das ist bewiesen, Jürgen H. geständig. Die Umstände, die zu dieser gefälschten Verlassenschaft mit einem Vermögenswert von 75.000 Euro führten, sind allerdings umstritten. Jürgen H. gab an, das Testament auf Wunsch von Walter M. ohne eigenen Vorteil verfasst zu haben. Nutznießerin des Dokuments war die Lebensgefährtin Wohlgenannts. Walter M. habe das gewollt und Jürgen H. quasi aufgefordert, dafür zu sorgen, dass die Partnerin des Verstorbenen erbt. „Es wäre gut, wenn die was bekommt“, soll Walter M. gesagt haben. Clemens M. habe als williger Vollstrecker der Verlassenschaftsabhandlung agiert – im Wissen um das Falsifikat. Gemeinsam hätten Jürgen H., Walter M. und Clemens M. die Tat geplant.

Stressresistenz

Clemens M. geriet bei Richter Andreas Posch in argen Erklärungsnotstand. Warum er dem zum Verlassenschaftskurator bestimmten Jürgen H. auch auftrug, nicht nur das Wohnhaus des Verstorbenen zu sichern, sondern auch nach Erben zu suchen – nachdem mit dessen Gattin doch eine ausgewiesene Haupterbin vorhanden war? Ebenso wollte der Richter von Clemens M. wissen, warum er das zentrale Testamentsregister anrief. „Eine unter den vorliegenden Umständen völlig unübliche Maßnahme“, fand Posch. Ersatzrichterin Bettina Maxones-Kurkowski versuchte Clemens M. menschlich zu nehmen. „Sie sind nicht der Stressresistenteste. Und nicht der Typ, der in einer Sache, mit der er eigentlich nichts zu tun haben will, seinen Auftrag erweitert.“ Zu allen Fragen und Vorhaltungen konnte Clemens M. nur stammeln und Widersprüchliches herauspressen. Was den sonst so geduldigen Richter schließlich zur Bemerkung veranlasste: „Es ist mir zu mühsam mit Ihnen.“

Dem „Seppl“ geholfen

Aus ganz anderem Holz geschnitzt ist Walter M. Entschlossen „nein“ sagte der 73-jährige oft noch bevor Richter Posch mit den verschiedensten Fragen fertig war. „Ich habe von dieser Sache erst beim Notar gehört“, ließ Walter M. wissen. Dem „Seppl“ habe er immer wieder geholfen – auch mit Geld. „Irgendwann hab ich von ihm eine schriftliche Bestätigung verlangt.“ Die belegten Forderungen in Höhe von 8700 Euro machte der pensionierte Gerichtsbedienstete bei der Erbnehmerin der gefälschten Verlassenschaft geltend. Warum Jürgen H. ein Testament fälschen sollte, von dem er selber keinen Vorteil hatte, erklärte Walter M. höchst originell. „Jürgen wusste von einem potenziellen Käufer für das Haus vom Seppl. Für den hätte er dann den Kaufvertrag gemacht und dabei etwas verdient.“ Er hätte zur Frau von Wohlgenannt eigentlich ein besseres Verhältnis gehabt als zu dessen Lebenspartnerin. „Bei seiner Frau hätte ich ganz sicher sein können, mein Geld wiederzubekommen. Das war ich bei seiner Partnerin nicht.“

Rückblick auf den 11. Prozesstag, Ausblick auf den 12. Prozesstag am Mittwoch: Für VN-Redakteur Klaus Hämmerle steht fest, dass Clemens M. vor dem Richter nicht gut ausgesehen hat und sich in Widersprüche verstrickte. Ganz im Gegenteil zu Walter M., der sich von seiner besten Seite präsentierte.

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