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Das Kind aus dem Heuhaufen wird 78 Jahre alt

Die Lebensgeschichte der Käthe Halbeisen aus Meiningen. Ein Bericht von Waltraud Feichter-Klumpp.
Lebensbilder von Käthe Halbeisen

Käthe Halbeisens Mutter hielt ihre Schwangerschaft aus Angst vor den Eltern geheim. Sie gebar im Herbst 1930 im Maisstroh in einem Stall im Burgenland heimlich und versteckte Käthe dort gut drei Wochen. Dann setzte die verzweifelte Mutter Käthe aus. Ein Hirtenbub fand das Kind und brachte es in die Gemeinde. Käthe wurde in Folge zu den Eltern des Hirten nach Ungarn in Pflege gebracht wo sie neun schöne Jahre erlebte.
Irgendwie wurde der leibliche Vater gefunden- die Mutter nie. Als der Vater heiratete und eine Stiefmutter in ihr Leben kam, begann ein Martyrium das seinesgleichen sucht. Es war eine so böse Frau die sie schlug und misshandelte. Als der 2.Weltkrieg ausbrach lernte Käthe nur 14 Jahre alt, die brutalen Methoden der SS-Männer kennen. Aus Mitleid mit den gepeinigten jüdischen Mitbürgern steckte sie ihnen heimlich gebratene Kartoffeln ua. zu. Zweimal wurde sie dabei erwischt und die Drohung lautete: „Wenn wir dich noch einmal erwischen geht es dir schlechter als den Juden!“

1942 wollte sie die leibliche Mutter holen, von der Käthe bis lang nichts wusste. Sie versteckte das Kind unter einem Sitz im Zug, der die beiden ins Burgenland bringen sollte. Man entdeckt sie. Die Nacht über kamen sie ins Gefängnis. Die böse Stiefmutter holte sie am nächsten Tag ab.

1946 wurde Käthe mit Vater und Großeltern ausgewiesen. Die böse Stiefmutter war mit einem russischen Besatzer kurz zuvor auf und davon. Sie wurden dann in einem Viehwagon mit 72 Personen eingepfercht, wo die Reise ins Ungewisse im Viehwagon dann in Bamberg endete. Dort wurden sie zu Bauern in der Umgebung geschickt.

Sie musste täglich 16 Kühe melken –es gab einen Hungerlohn und kaum was zu essen. Käthe hatte nur ein Ziel: Zurück zur leiblichen Mutter ins Burgenland. Irgendwie schaffte sie es auch. Käthe nahm Stellen als Hausmädchen ua. an und musste schuften wie ein Mann, d.h. Säcke mit 60 kg schleppen uä. Käthe hielt durch und verurteilt ihre leibliche Mutter heute keine Stunde.

Sie hat das, was ihr nicht vergönnt war, ihrer Familie gegeben: Liebe und Geborgenheit. Was Käthe nie verloren hat ist ihr starker Wille, ihr gutes Herz und ihren Humor und ihre Kinderliebe. Sie hat gleich 15 Mal die Patin gemacht. Inzwischen ist ihr Mann Emil seit fast 5 Jahren tot. Viel Freude hat die 4-fache Mutter Käthe mit ihren 13 Enkeln und 6 Urenkeln. Sie hat immer eine offene Türe für alle und meint dass es sich gelohnt hat durchzuhalten.

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