Doch das exzentrische Fantasymärchen ließ es zu, dass drei prominente Ersatzleute Ledgers Rolle zu Ende spielen konnten. Das Ergebnis läuft ab 6. Jänner im Kino.
Und dieses Ergebnis kann sich – trotz überbordender Ideen und reichlich verworrener Story – sehen lassen. Mit der Betonung auf “sehen”, denn was Gilliam visuell auf die Leinwand zaubert, lässt einen an LSD-Fantasien oder märchenhaft-skurrile Filme aus den 1970er-Jahren denken. Der Schöpfer von Kultfilmen wie “Time Bandits” oder “Brazil” ist ein unermüdlicher Geschichtenerzähler, ein maßloser Überzeugungstäter, ein chaotischer Connaisseur von manischem und wahnsinnigem Attraktionskino. Im Kabinett des Doktor Parnassus verläuft er sich zwar ähnlich wie die Besucher des kuriosen Varietes – aber für das Publikum macht das eigentlich gar nichts.
Denn man folgt der altmodischen Theater-Wandertruppe mit deren versoffenem Leiter Parnassus, dessen hübscher Tochter Valentina, dem Zwerg Percy und dem Assistenten Anton jederzeit gerne durch das London der Jetzt-Zeit. Dort kommt die nostalgieselige Show lange Zeit nicht gut an – bis der zwielichtige Tony (Ledger) auftaucht und das Variete mit dem Zauberspiegel, durch den man in ein fantastisches Universum unbegrenzter Vorstellungswelten eintreten kann, mit neuen Vermarktungsmethoden auf Vordermann bringt. Doch dann taucht Luzifer (in Gestalt von Tom Waits) auf und erinnert Parnassus an ein vor langer Zeit gegebenes Versprechen, das Tochter Valentina im wahrsten Sinn des Wortes in Teufels Küche bringen würde.
So weit, so vielschichtig und vielfach undurchsichtig bleibt die Erzählung von Gilliam, die Ledger einen zentralen Platz einräumt und in der der Australier – diesmal mit britischem Akzent – einmal mehr brillieren konnte. Dass der verstorbene Schauspieler, der zuletzt für seine Rolle als Joker im jüngsten Batman-Film posthum mit dem Oscar ausgezeichnet wurde, seine Leinwandrückkehr leblos an einem Seil unter einer Brücke baumelnd beginnt, dürfte für Fans wie ein Schock wirken. Schließlich darf er jedoch als Tony seinen Charme spielen lassen – und dass er in der gespiegelten Traumwelt durch Johnny Depp, Colin Farrell und Jude Law ersetzt wird, entspricht nicht nur der Logik des Films, sondern ist sogar geradezu genial gelöst.
Terry Gilliam ist jedenfalls ein bildgewaltiges Märchen gelungen, eine Parabel über die Welt der Versuchungen und Verführbarkeit, ein Statement für die Macht der Geschichten, ein absurdes Experiment über die Grundsätze von Gut und Böse. Dass das in der typischen stilistischen Übertreibung des Regisseurs auch ermüdend sein kann und man sich von der Geschichte wie in einer Achterbahnfahrt hin- und herreißen lassen muss, ändert insgesamt wenig am visuellen Vergnügen. Und man kann sich sicher sein: Langweilig wird einem im Kabinett des Doktor Parnassus sicherlich nicht.
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