Das dunkle Geheimnis des Bodensees: Tragische Geschichten, explosive Überraschungen und versunkene Schätze

In dessen Tiefen verbirgt sich nicht nur die letzte Ruhestätte von etwa 100 vermissten Personen seit 1947, sondern auch Relikte aus den schrecklichen Tagen des Zweiten Weltkriegs.
Darum gehts:
- Im Bodensee ruhen über 100 vermisste Personen und Relikte aus dem Zweiten Weltkrieg.
- Bergung ist aufgrund der Tiefe und Strömungsbedingungen eine anspruchsvolle Aufgabe.
- Es gibt noch unentdeckte Wracks von Flugzeugen und Schiffen im See.
Herausfordernde Bergungen in den Tiefen
Die Ermittlungsarbeit unter der Wasseroberfläche präsentiert sich, wie von Michael Behrendt, dem Leiter der Wasserschutzpolizeistation Friedrichshafen, betont wird, oftmals als komplexe Aufgabe.

Während in einigen Fällen die Umstände eines Verschwindens oder Unfalls klar sind, machen Faktoren wie die enormen Tiefen des Bodensees (bis zu 250 Meter), variierende Strömungsbedingungen und die teilweise unklare Position der Verunglückten oder versunkenen Objekte die Bergungsmaßnahmen zu einer anspruchsvollen Angelegenheit. Und so bleiben viele derer, die im See verloren gehen, für immer unentdeckt, ihre Geschichten ohne Abschluss. Allein 2023 sind nach tragischen Unfällen auf der Vorarlberger Seite des Bodensees immer noch drei Opfer nicht gefunden worden. Insgesamt gelten seit 1947 über 100 Personen im See als vermisst.
Explosive Überraschungen: Überreste einer dunklen Vergangenheit
Doch der tiefe Grund des Bodensees birgt noch mehr Geheimnisse: Auch der Zweite Weltkrieg hat Spuren hinterlassen. Immer mal wieder werden unter anderem Bomben oder Granaten gefunden - einmal sogar ein Flugzeug in über 150 Metern Tiefe. Einen genauen Überblick darüber, was wo liegt, gebe es aber nicht, sagt Christoph Rottner vom Kampfmittelbeseitigungsdienst in Stuttgart. Man könne natürlich annehmen, dass in den Städten wie Friedrichshafen, die stark bombardiert worden seien, viel liege. Allerdings lägen die Funde meist nicht offen auf dem Seegrund, sondern seien tief versandet. "Das müsste man theoretisch orten und das ist alles nicht ganz so einfach."

Immer wieder müssen die Experten des Kampfmittelräumdienstes ausrücken – so zum Beispiel 2017, als ein fünf Meter langer Torpedo, der im Sand steckte, gefunden wurde. Nur das Heck war noch sichtbar und so war die Bergung durch die Experten eine "Riesenarbeit", wie Rottner erinnert. Auch bei den Arbeiten zum Neubau des Bregenzer Hafens, stießen die Arbeiter auf Munition, die wohl in den letzten Kriegstagen im See versenkt worden ist.

Diese Wasserbergungen sind nicht nur logistisch aufwendig, sondern oftmals mit einem Risiko verbunden. Diese tiefen „Archivschränke“ des Sees speichern brisante Erinnerungen an eine zerstörerische Epoche, deren Überreste auch nach Jahrzehnten unvermittelt zutage treten können.

Flugzeuge und Schiffe fanden ihr kühles Grab
Neben den explosiven Überresten des Krieges ruhen aber auch Flugzeuge und Schiffe auf dem Grund des Bodensees und warten auf ihre Entdeckung oder gar Bergung. So zum Beispiel eines der bekanntesten Wracks, der Raddampfer Jura, der am 12. Juni 1864 nach einer Kollision versank. Aber auch ein HE-177 Bomber soll noch auf seine Entdeckung warten. Neben diesen historisch gut belegten Wracks, gibt es aber auch viele Mythen und Gerüchte über weitere "Schätze" im Bodensee.

Der mysteriöse Cognacbomber und sein Schatz
Der wohl bekannteste Mythos handelt vom sogenannten "Cognacbomber", ein mit Cognac voll beladener Bomber soll im 2. Weltkrieg in den See gestürzt sein und die Kisten voll mit dem Edelbrand sollen immer noch auf ihre Bergung warten. Dies zumindest berichtete in den 1960er-Jahren ein Taucher, der auf einem Tauchgang vor Friedrichshafen ein vollgeladenes Flugzeugwrack entdeckt haben will. Als er wieder zurück an Land war, konnte er sich allerdings an den genauen Ort seiner Entdeckung nicht mehr erinnern. Was er allerdings detailliert erzählen konnte, war die Geschichte von einem Bomberpiloten, der immer noch in dem Flugzeug ausharre und den Steuerknüppel fest in seinen Händen hielt. Taucher aus aller Welt suchten seitdem nach dem Wrack, gefunden wurde der "Schatz" bislang aber nicht. Ein Fünkchen Wahrheit könnte aber dennoch in der Geschichte stecken.

Kurz vor Kriegsende soll der Legende nach eine zweimotorige Heinkel, mit geheimem Auftrag im Südwesten Frankreichs Richtung Obersalzberg in Bayern zur Residenz von Adolf Hitler gestartet sein. Über dem Schwäbischen Meer schmierte der Wehrmachtsflieger dann aus unbekannten Gründen ab.
Ebenfalls bestätigt ist, dass die deutschen Besatzer auf ihrem Rückzug in Frankreich aus dem für seinen Weinbrand weltberühmten Städtchen rund 2000 Flaschen mit 100-jährigem Cognac mitgenommen haben.
Katastrophenalarm am Bodensee: Der vermeintliche "Cäsium-Bomber"
Am 24. Jänner 1994 sorgte ein weiterer Flugzeugabsturz in den Bodensee kurzzeitig für Aufregung. Eine Cesna 425 kam aus Prag und wollte in Altenrhein landen. An Bord: Zwei Uran-Dealer aus Berlin, zwei tschechische Prostituierte, der Hamburger Pilot der Maschine und ein Pudel.

Nach mehrtägiger erfolgloser Suche des Bergungsteams titelte ein deutsches Boulevard-Blatt plötzlich mit der Horrormeldung, dass sich an Bord des vermissten Flugzeugs hoch radioaktives Cäsium befunden habe. Am Bodensee wurde Katastrophenalarm ausgelöst und der Stopp der Trinkwasserversorgung aus dem Bodensee für rund fünf Millionen Menschen wurde geplant.
Rasch stellte sich die vermeintliche Horrormeldung allerdings als "Fake News" heraus und die Zeitung musste ihre Meldung dementieren. Das Wrack wurde schließlich gefunden und die Leichen der beiden Uran-Dealer konnten geborgen werden, ebenso die Leiche einer Prostituierten und der tote Hund. Die Leichen des Piloten und der zweiten Prostituierten hingegen sind noch immer verschollen.
Archäologische Rätsel im Schlick der Vergangenheit
Jenseits der kriegerischen Vergangenheit stoßen Forscher jedoch auch auf faszinierende prähistorische Geheimnisse. So wurden Steinhügel, die vor etwa 5500 Jahren während der Jungsteinzeit geschaffen wurden, im Jahr 2015 bei Tiefenvermessungen entdeckt.
Wer sie errichtet hat, wie genau sie konstruiert wurden und wozu sie entstanden sind - über diesen Fragen grübeln Schweizer Archäologen nun schon seit Jahren. Mithilfe von Proben haben die Forscher inzwischen zumindest herausfinden können, dass die "Hügeli" in der Jungsteinzeit vor etwa 5500 Jahren aufgeschüttet wurden. Die Vermutung der Wissenschaftler: Möglicherweise gehörten sie zu Pfahlbauten, die ebenfalls tief unter Wasser liegen und noch der Entdeckung harren.
(VOL.AT)