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Das Aus für den VW-Käfer

Das letzte von mehr als 21,5 Millionen Autos des Verkaufsschlagers des 20. Jahrhunderts wird vermutlich im Juli im mexikanischen Werke Puebla vom Band rollen.

Im vorgerückten Rentenalter von bald 70 Jahren kommt für den
legendären VW-Käfer das endgültige Aus. Das letzte von mehr als 21,5
Millionen gebauten Wirtschaftswunderautos wird vermutlich im Juli im
mexikanischen Werk Puebla vom Band rollen, auch wenn die Wolfsburger
Zentrale noch keinen konkreten Termin nennt. Nachdem in Deutschland
die Produktion bereits am 19. Jänner 1978 wegen nachlassender
Nachfrage zu Ende ging, findet der ehemalige „Erfolkswagen“ nun auch
in Mexiko kaum noch Käufer – gerade einmal 50 pro Tag werden jetzt
noch gebaut.

Doch den Kultstatus wird das „rollende Ei“ nach dem
Produktionsende kaum verlieren, eher im Gegenteil: Weltweit
existieren aberhunderte von Käferclubs wie die
„VW-Brezelfenster-Vereinigung“, die mit 850 Mitgliedern als größter
Oldtimer-Club gilt. Für Fans gibt es mehrere Szeneblätter, im
Internet sind unzählige Einträge und Geschichten zu finden. Denn der
Wagen durchlebte radikal unterschiedliche politische, geschichtliche
und wirtschaftliche Situationen: Funktionalisiert durch den
Faschismus, Symbol des Wirtschaftswunders und Kultobjekt der
Hippie-Generation.

Begonnen hat die Käfer-Geschichte im Juni 1934 mit dem Auftrag
Adolf Hitlers an den genialen Konstrukteur Ferdinand Porsche, für
20.000 Reichsmark Honorar innerhalb von zehn Monaten den ersten
Prototyp des „Volkswagens“ vorzustellen. Im Oktober 1936 starteten
drei Prototypen des „Porsche Typ 60“, aus denen der erste „VW 30“
entwickelt wurde. 1937 fand der Käfer seine endgültige Form – oval
wie ein Ei und mit gewölbten Kotflügeln. Im Zweiten Weltkrieg rollten
dann aus der eigens gebauten Fabrik in Wolfsburg statt Volks- die
Kübelwagen an alle Fronten.

Nach Übernahme des Werks am Mittellandkanal durch die Briten und
von 1948 an unter der Leitung von Heinrich Nordhoff begann die
eigentliche Erfolgsgeschichte. Dabei hatte Nordhoff dem Käfer damals
attestiert, er habe mehr Fehler „als ein Hund Flöhe“. Noch heute
wissen Fahrer der rollenden Halbkugel zu berichten: „Im Sommer ließ
sich die Heizung nicht ausstellen, weil die Klappen eingerostet
waren, und im Winter beschlugen die Scheiben, weil die Lüftung gegen
die Kälte nicht ankam“.

Doch eigentlich ist der als „Herbie“ zu Filmehren gekommene Käfer
ein zuverlässiges und robustes Auto, für dessen unverwechselbares
Design mit inzwischen legendären Kampagnen der amerikanischen Agentur
Doyle, Dane und Bernbach, geworben wurde: „Besonders aufregend ist er
nicht“, hieß es in einer Anzeige, in einer anderen: „Hat irgendjemand
eine bessere Idee?“

Die Kampagnen haben Erfolg. Zu Spitzenzeiten fahren in den USA
vier Millionen Bürger einen „Beetle“, einer der prominentesten
Käfer-Besitzer weltweit war damals der Beatle John Lennon. Auf
deutschen Straßen rollen noch heute laut Kraftfahrt-Bundesamt rund
85.000 Käfer. Inzwischen längst vom Golf als meistgebauter VW
abgelöst, hat das Auto mit dem „New Beetle“ sogar eine Art Enkel
produziert. Doch für wahre Fans kann es nur einen geben, wie
Grundschüler Paul auf einer Käfer-Internet-Seite schreibt: „Ich bin
zwar erst neun Jahre alt, aber mein Traum ist es, einen VW Käfer zu
fahren.“

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