Darfur-Hilfe
Seit vergangenem Jahr koordiniert und lenkt er die Flüchtlingsprojekte des Hilfswerk Austria in Westdarfur. Mit wenig Geld und verblüffend einfachen Mitteln hat Rivera tausenden Opfern der Darfur-Krise eine Existenzgrundlage verschafft. Die Grundzutaten seines Erfolgsrezeptes: Man muss Respekt vor den Menschen haben, ihnen zuhören und so behandeln wie die eigene Familie.
Ruhig und beneidenswert gelassen, aber mit der Energie eines Kleinkraftwerkes hat der gelernte Elektrotechniker aus der Not eine Tugend gemacht: Wir können nicht ewig in den Dörfern sein, deshalb ist es wichtig, die Kapazitäten zu stärken. Soll heißen: Hilfe zur Selbsthilfe bieten. Rivera erinnert sich: Wir haben mit 30.000 Euro angefangen, die wir von Liechtenstein bekommen haben. Damit habe ich gleich einmal Moskitonetze gekauft. Doch der Sohn eines kolumbianischen Bauernführers dachte gleich weiter: Man muss den Menschen zeigen, wie sie sich langfristig vor Malaria schützen können.
Es sei nicht einfach gewesen, die richtigen Leute für den Job zu finden, denkt Rivera an die Anfänge. Jetzt hat er sie. Tariq Taha ist einer davon. Der unermüdliche Mediziner aus Khartum hat mittlerweile in der Provinzhauptstadt Al Geneina seine Zelte aufgeschlagen. Selbst bei Temperaturen von weit jenseits der 50 Grad (Celsius!) ist Doktor Tariq, wie ihn alle nennen, kaum zu bremsen. Er organisiert Schulungen, kümmert sich um den Betrieb der mobilen Klinik, schaut in der neu eingerichteten Krankenhausküche nach dem rechten, untersucht Kranke, macht einen Abstecher im Waisenkindergarten, plaudert mit Nomaden und Siedlern. Selbst der so bescheidene Fredy Rivera, der immer im Hintergrund bleibt und mit persönlichem Lob überhaupt nichts anfangen kann, kommt da ins Schwärmen: Es ist uns in kürzester Zeit unheimlich viel gelungen.
Die Orte und Städte, in denen Hilfswerk-Projekte auf die Beine gestellt wurden, sind von Al Geneina auch in der Trockenzeit nur äußerst mühsam zu erreichen. Beginnt die Regensaison, verwandeln sich die staubigen Sandpisten in eine einzige träge Schlammmasse. Für die 125 Kilometer von Al Geneina ins südlich gelegene Beida benötigt man mit dem Jeep dann nicht die üblichen sechs Stunden, sondern zwei Tage. Resignation ist Rivera dennoch fremd: Ich bin schon von den kleinsten Fortschritten begeistert.
Geld auszugeben ist leicht. Aber wir wollen keine fertigen Produkte liefern, sondern das Alltagsleben ankurbeln, erklärt Rivera. Sehr viele Ideen kommen ja von den Einheimischen. Man muss ihnen nur zuhören. Seit kurzem gibt es sogar ein Radioprogramm, das in den lokalen Sprachen ausgestrahlt wird. Multiplikatoren sind dem ehemaligen Fußball-Profi – er spielte bei Admira Wacker in der Ersten im Sturm – seit jeher ein besonderes Anliegen. Es sind Leute aus den Dörfern, denen die Wichtigkeit von Prävention gegen Malaria und andere heimtückische Krankheiten näher gebracht werden. Jeder von ihnen bekommt nach der Ausbildung zehn Familien zugeteilt, um selbst wiederum Bewusstseinsbildung betreiben zu können.
Ich habe soziales Engagement im Blut, sagt der Austro-Kolumbianer fast entschuldigend. Rivera ist kein Getriebener, sondern jemand, der alles mit Freude tut. Ohne Stress, ohne Hektik, aber auch ohne Pause. Sechs Monate im Jahr ist er unterwegs. Denn Westdarfur ist nicht sein einziges Reiseziel. Insgesamt betreut der promovierte Politikwissenschafter 18 Projekte – in Mosambik, Simbabwe, Senegal, Sudan, Nicaragua und Kolumbien. Wir haben überall gute Teams, stellt er die eigene Person sofort wieder in die zweite Reihe. Ein gutes Team hat Rivera übrigens auch zu Hause in Wien – seine Frau und die beiden Kinder: Die verstehen, was ich da mache. Wenn ich daheim als Elektrotechniker arbeiten müsste, wäre ich nur deprimiert und verbittert.