So nehmen nicht nur Fastensuppen ihren Anfang. Heute, am Familienfasttag tun es ihr Hunderte Frauen im ganzen Land gleich. Marlies Müller arbeitet seit zehn Jahre für die Katholische Frauenbewegung. Seit sechs Jahren setzt sie Fastenwilligen am Aschermittwoch Suppe vor. Seit sie gewissermaßen vor Jahren in Nicaragua selber eine gegessen hat.
Prägende Eindrücke
Ihr Haus steht in einem noblen, ruhigen Stadtviertel von Bregenz. Die Sonne strahlt ins Wohnzimmer und erzählt den beigen Fauteuils vom Frühling. Marlies Müller gibt ein wenig Grieß in die zerlassene Butter und rührt. In Nicaragua haben wir damals Frauenprojekte besichtigt. 14 Tage war sie drüben. Es kam ihr später wie ein Monat vor. Ich hab danach so vieles nicht mehr verstanden.
Jetzt mit Wasser aufgießen, dass es zischt. Sodann gelbe Rüben, Sellerie, Lauch und eine Kartoffel klein schneiden und in die Suppe geben. Und Marlies Müller sagt: Wissen Sie, wir gehen ja zum Kühlschrank, obwohl wir gar keinen Hunger haben. Nur wegen einem Gluscht.
Weder Tisch noch Stühle
In Nicaragua waren sie dann irgendwo zum Essen eingeladen. In irgendeiner Hütte. Bei irgendeiner Bäuerin. Deren Mann im Ausland schuftet. Die allein klar kommen muss mit Kindern und Kindeskindern. Die Großmutter hat gekocht. Dann kamen nacheinander Töchter, Schwiegertöchter und Enkel herein. Die haben Suppe gefasst und dann den einzigen Plastiksessel im Raum umgedreht und als Tisch verwendet. Hühnersuppe mit Maisbällchen war das gewesen, das weiß Marlies Müller noch. Und dass sie die Frauen großartig fand. Und künftig für sie tätig werden wollte.
Auf Marlies Müllers Herd köchelt die Grießsuppe und duftet verführerisch. Auch heute am Familienfasttag wird sie einem dicken Topf solche Gerüche entlocken. Im Landhaus in Bregenz, wo Landesregierung und Frauenbewegung ab 12.15 Uhr zum Benefizessen geladen haben. Gelöffelt wird zugunsten von Projekten von Indien bis Lateinamerika. Und Marlies Müller wird an die kleine Hütte denken irgendwo westlich von Managua, in der Frauen schon froh sind, wenn sie ihren Kindern überhaupt Suppe reichen können. Und uns geht es doch so gut, sagt sie, probiert ein wenig vom hölzernen Kochlöffel und nickt zufrieden. Na denn, Mahlzeit!
ZUR PERSON
Beruf: Hausfrau
Geboren: 27. September 1949
Familie: verwitwet, ein Sohn
Ausbildung: im Großhandel, dann in einer Versicherung
Ehrenamt: Seit zehn Jahren in der Frauenbewegung, seit sechs Jahren Organisatorin des Familienfasttags.