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D: Wieder alte Rechtschreibung

Paukenschlag im Tauziehen um die Rechtschreibreform: Eine Reihe führender deutscher Verlagshäuser hat am Freitag die Rückkehr zur alten Rechtschreibung angekündigt.

Die Axel Springer AG („Bild“) und der Spiegel-Verlag erklärten, sie wollten „schnellstmöglich“ umstellen, der Süddeutsche Verlag will folgen. Andere deutsche Medienhäuser wie Burda oder Gruner + Jahr sowie österreichische Medien und die großen Schweizer Verlage lehnten hingegen die Rückkehr zur alten Rechtschreibung ab.

Springer und Spiegel appellierten in einer gemeinsamen Erklärung an andere Medienunternehmen sowie an die Nachrichtenagenturen, sich ihrem Schritt anzuschließen. Ziel sei die „Wiederherstellung einer einheitlichen deutschen Rechtschreibung“. Beide Verlage verwiesen auf die „mangelnde Akzeptanz“ und die zunehmende Verunsicherung.

Eine Reihe von österreichischen Medien wie „Standard“, „Kurier“, „Presse“, „Krone“, „Salzburger Nachrichten“ und „Kleine Zeitung“ bleibt hingegen bei der Reform. „Wir sind als Zeitung ja nicht die Institution, die darüber zu richten hat“, betonte „Standard“-Chefredakteur Gerfried Sperl. Eine Rückkehr zu den alten Schreibweisen würde gerade die junge Leserschaft, um die man sich besonders bemühe, irritieren: „Die Kids müssen die neue Rechtschreibung lernen.“ Auch die „Presse“, die in Österreich als letzte Zeitung umgestellt hatte, argumentierte trotz grundsätzlicher Skepsis gegenüber der Reform ähnlich. Und auch die „Krone“ will „zähneknirschend“ die Reformschreibweise beibehalten.

Reserviert steht man auch bei der APA – Austria Presse Agentur einer Rückkehr zur alten Rechtschreibung gegenüber. Auch wenn man eine Rückkehr zur alten Rechtschreibung für „nicht sinnvoll“ erachte, werde man die Entwicklung in Deutschland genau beobachten, erklärte APA-Chefredakteur Wolfgang Mayr. Änderungen könne es jedenfalls nur in Absprache und im Konsens mit den anderen deutschsprachigen Agenturen geben. Ähnlich äußerte sich der Chefredakteur der Deutschen Presse-Agentur (dpa), Wilm Herlyn. Man werde zunächst die Meinung der Kunden erfragen und dann in Zusammenarbeit mit den anderen Nachrichtenagenturen eine Entscheidung fällen – genau so wollen auch AP und AFP verfahren.

„Gelassen“ sieht der im Bildungsministerium für die Umsetzung der Rechtschreibreform zuständige Ministerialrat Fritz Rosenberger die Situation. Eine Rücknahme der Reform in Deutschland sei unwahrscheinlich, da es dafür der Einstimmigkeit in der Kultusministerkonferenz bedürfe. Keine Probleme für Österreich sah man auch im Büro von Bildungsministerin Elisabeth Gehrer (V). In den Schulen sei die Reform gut angenommen worden, die Schüler machten weniger Fehler als früher. Außerhalb der Schule werde andererseits niemand bestraft, der Texte nach der alten Rechtschreibung verfasse. Allerdings stelle sich natürlich die Frage, ob es sehr sinnvoll sei, bei den Schreibweisen hin- und herzuwechseln.

Auch in Deutschland haben sich zahlreiche Medien für die Reformschreibweise ausgesprochen. Der Burda-Verlag („Focus“, „Bunte“, „Freundin“, „Superillu“) will nicht erneut umstellen. Bei Europas größtem Zeitschriftenverlag Gruner+Jahr („Stern“, „Brigitte“, „Geo“) gibt es zwar keine Direktive der Konzernführung, bei einer Umfrage vor einigen Wochen hat sich die Mehrzahl der Chefredakteure aber gegen eine neuerliche Umstellung ausgesprochen. Auch die Berliner Tageszeitung „taz“ will sich der Initiative von Spiegel und Axel Springer Verlag „auf keinen Fall“ anschließen. „Ich glaube, dass man der Verantwortung für die nachfolgenden Generationen nicht dadurch gerecht wird, dass man ’Busen-OP’, ’Tot-Spritzer’, ’Pfui’ und ’Gähn’ nach den alten statt den neuen Regeln schreibt“, so der stellvertretende Chefredakteur Peter Unfried in Richtung „Bild“.

Für Schulen und Ämter in Österreich, Deutschland und in der Schweiz ist die Rechtschreibreform seit 1. August 1998 verbindlich. Als Zeitrahmen für die Umstellung wurden international sieben Jahre vereinbart – bis dahin gelten die bisherigen Schreibweisen als überholt, werden in den Schulen aber nicht als Fehler gewertet. Medien, Verlage, Autoren, Firmen und Private können dagegen freiwillig entscheiden, ob sie die neue Schreibung wählen oder bei der alten bleiben.

Streit um Rechtschreibung tobt seit zwanzig Jahren

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