D: Welle der Empörung nach NPD-Eklat
Zugleich wurde der Ruf nach einer stärkeren Auseinandersetzung mit den Rechtsextremen laut. Der Zentralrat der Juden sprach von einem Versagen der Politik in Deutschland. Der SPD-Politiker Dieter Wiefelspütz forderte einen friedlichen Aufstand der Bürger gegen das Gebaren der NPD. Ähnlich äußerte sich die Grünen-Chefin Claudia Roth. Die PDS forderte ein Verbot der Partei.
Abgeordnete der rechtsextremistischen Partei waren am Freitag während einer Schweigeminute für alle Opfer des Krieges und der NS-Herrschaft aus dem Plenarsaal des sächsischen Landtags ausgezogen. Später hatten sie in Redebeiträgen die Vernichtung der Juden im Dritten Reich und die alliierten Bombenangriffe auf deutsche Städte mit dem Wort Bombenholocaust gleichgesetzt und einen Kausalzusammenhang mit dem Angriffskrieg des Deutschen Reiches geleugnet. Wegen dieser Äußerungen hat sich inzwischen die Dresdner Staatsanwaltschaft eingeschaltet. Wir prüfen den Verdacht der Volksverhetzung wegen des Ausdrucks Bombenholocaust, sagte Oberstaatsanwalt Andreas Feron.
Der Generalsekretär des Zentralrats der Juden, Stephan Kramer, erklärte am Samstag in Berlin, der Einzug der NPD und ihrer Schwesterpartei DVU in die Parlamente bestätigten, dass antisemitisches und fremdenfeindliches Gedankengut längst wieder salonfähig geworden seien in Deutschland. 60 Jahre nach der Befreiung des KZ Auschwitz und der Befreiung Deutschlands von der Nazi-Diktatur ist dies eine Bankrotterklärung der Politik, hieß es in der Erklärung. Es müsse endlich eine politische Auseinandersetzung mit der Fratze des Antisemitismus im 21. Jahrhundert stattfinden. Verbote, Mahnmale und Symposien allein nützten wenig. Jeder Einzelne müsse das Problem persönlich ernst nehmen. Der Zentralrat forderte umfassende Bildungsmaßnahmen und eine aktive politische Auseinandersetzung.
Ähnlich äußerte sich der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagfraktion, Wiefelspütz. Im Gespräch mit der Netzeitung reagierte er mit Empörung auf den neuerlichen NPD-Eklat, den er als geistiges Brandstiftertum bezeichnete. Das ist ein schmerzlicher Vorgang, weil dort alle Grenzen von Respekt und Gesittung verloren gegangen sind, sagte er. Wiefelspütz appellierte an die Bevölkerung, sich das Verhalten der NPD nicht gefallen zu lassen. Da sollten die Bürger aufstehen; das ist nicht hinnehmbar, was da läuft.
Roth erklärte, das Verhalten der NPD müsse auf den entschiedenen Widerspruch und Widerstand aller Demokraten stoßen. Es handele sich um eine beispiellose Verleugnung der Nazi-Verbrechen. Es müssten alle juristischen Mittel geprüft werden, ob das Verhalten der NPD, das vor rechtsextremer Ideologie strotzt, den Tatbestand der Volksverhetzung erfüllt. Grünen-Fraktionschefin Kathrin Göring-Eckart sprach von einer Schande für unser ganzes Land.
Der Fraktionschef der PDS im sächsischen Landtag, Peter Porsch, kündigte gegenüber dem Nachrichtenmagazin Der Spiegel an, einen neuen Vorstoß für ein Verbot der NPD zu unternehmen. Porsch wolle in der kommenden Woche in Gesprächen mit den anderen Fraktionen des Dresdner Landtages erreichen, dass der deutsche Innenminister Otto Schily (SPD) auf Grundlage des neuen Materials offiziell vom Freistaat Sachsen aufgefordert werde, beim Bundesverfassungsgericht erneut gegen die NPD vorzugehen, berichtete das Magazin.