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D: Streit zwischen Lafontaine und Müntefering

Bei ihrem Partei-Auftritt haben sich SPD-Parteichef Franz Müntefering und sein im Streit geschiedener Vorvorgänger Oskar Lafontaine zerstritten statt versöhnt.

Lafontaine kritisierte die Reformpolitik der Bundespartei scharf als Etikettenschwindel, während Müntefering Lafontaine für die Wahlniederlagen der SPD mitverantwortlich machte.

„Wenn die Wählerinnen und Wähler in einer Demokratie die Politik ablehnen und zurückweisen, dann muss man die Politik ändern, um wieder Vertrauen zu finden”, sagte Lafontaine am Sonntag beim Parteitag der Saar-SPD in Bexbach unter lautem Applaus, Johlen und Beifallspfiffen der Delegierten. Müntefering verfolgte die Rede wenige Schritte entfernt mit versteinertem Gesicht auf dem Podium und antwortete, dass die SPD erst seit Mitte 1999 ihre Wahlen verliere. Kurz zuvor war Lafontaine im Streit im Schröder abrupt von allen Regierungs- und Parteiämtern zurückgetreten und hatte damit viele SPD-Mitglieder verärgert.

„Es gibt faule Kompromisse, es gibt aber auch eine faule Kompromissunfähigkeit. Wer nicht in der Lage ist, Kompromisse zu schließen mit dem, was möglich ist, der ist für die Politik nicht geeignet”, griff Müntefering Lafontaine in einer hitzigen Rede offen an. Zuvor hatte er die Reformpolitik der Bundesregierung verteidigt und einen Kurswechsel abgelehnt, dafür aber nur höflichen Applaus der Delegierten erhalten.

Als Müntefering erstmals seit Lafontaines abruptem Rücktritt vor mehr als fünf Jahren wieder gemeinsam die Bühne mit dem in weiten teilen der SPD in Ungnade gefallenen Politiker betrat, begrüßte er ihn wie die übrigen knapp 30 Podiumsmitglieder kurz mit einem Handschlag, wandte sich ihm dann jedoch nicht weiter zu. Als er die Halle nach dem verbalen Schlagabtausch verließ, würdigte Müntefering Lafontaine keines Blickes mehr. Im Vorfeld war spekuliert worden, es könnte vielleicht als Geste der SPD-Spitze an die gegen die Reformen der Bundesregierung besonders kritisch eingestellte SPD-Linke zu einer Annäherung zwischen Müntefering und Lafontaine kommen.

Lafontaine betonte zu Beginn seiner Rede, er äußere sich als früherer SPD-Bundesvorsitzender zur Niederlage bei der Europawahl vor einer Woche. Explizit an Bundeskanzler Gerhard Schröder wollte er seine Kritik jedoch nicht adressieren. „Das, was ich jetzt sage, geht nicht gegen irgendjemand…es geht nur um die Sache”, sagte Lafontaine. Der Bundespartei warf er vor, mit ihrer Reformpolitik Etikettenschwindel zu betreiben und lediglich einen Sozialabbau kaschieren und schönreden zu wollen. Die SPD-Führung werde jedoch nicht auf Dauer eine unsoziale Politik gegen ihre Anhänger durchsetzen können, dies habe die Europawahl bewiesen.

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