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D: Stoiber griff wieder ostdeutsche Wähler an

Der CSU-Chef und bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber hat die Wähler in Ostdeutschland ein weiteres Mal scharf kritisiert. Er habe PDS-Sympathisanten als "Kälber" beschimpft.

Nach Berichten der „Passauer Neuen Presse“ (Samstag-Ausgabe) und des am Montag erscheinenden Nachrichtenmagazins „Der Spiegel“ sagte Stoiber an die Adresse möglicher Wähler der Linkspartei in Ostdeutschland: „Nur die dümmsten Kälber wählen ihre Metzger selber.“ Stoiber machte diese Äußerung bei einer Kundgebung am 5. August in Deggendorf.

Dort hat der CSU-Chef nach Angaben des „Spiegel“ von seinen Auftritten in Jena und Eisenach berichtet, wo er die Zuhörer gefragt habe: „Seid Ihr Euch bewusst: Ihr habt hier Plakate mit (Ex-SPD-Chef Oskar) Lafontaine. Und der Mann, der im Grunde genommen gegen die Wiedervereinigung war, den feiert Ihr jetzt als Helden? Ja, seid Ihr denn verrückt geworden? Nur die dümmsten Kälber wählen ihre Metzger selber.“ Nach einer kleinen Pause mit Gelächter und Bravo-Rufen fuhr Stoiber laut dem Bericht fort, dass er sich nicht sicher sei, ob alle Ostdeutschen seine Worte verstanden hätten, und fügte hinzu: „In Bayern mit Sicherheit.“

Auf einer anderen Wahlkampfveranstaltung hatte Stoiber – unterlegener Unions-Kanzlerkandidat von 2002 – zuvor gesagt, er akzeptiere nicht, dass der Osten bestimme, „wer in Deutschland Kanzler wird“. Die „Frustrierten“ könnten nicht über Deutschlands Zukunft bestimmen.

Bei einem Einzug in den nächsten Bundestag kommt die Mehrheit der Linkspartei-Abgeordneten laut einem Zeitungsbericht aus dem Westen, den „alten“ Bundesländern. Parteienforscher gingen davon aus, dass die Ex-PDS weniger Ost-Interessen vertreten könne, berichtete die „Thüringer Allgemeine“ (Samstag-Ausgabe). 35 der prognostizierten 68 Abgeordneten der Linkspartei kämen über Landeslisten der alten Länder in den Bundestag, also mehr als die Hälfte; 27 Abgeordnete aus den fünf neuen Bundesländern, fünf aus Berlin. Die Zahlen beruhten auf einer Prognose der Statistikdienstes election.de.

Joschka Fischer warnt vor neuer „Mauer in den Köpfen“

Der deutsche Außenminister Joschka Fischer (Grüne) hat davor gewarnt, Ost und West im Bundestagswahlkampf gegeneinander auszuspielen. „Das Wiedererrichten der Mauer in den Köpfen ist übel“, sagte der Grünen-Spitzenkandidat am Samstag bei einer Wahlkampftour im mecklenburgischen Malchow. Er reagierte damit auf die Kritik führender Unionspolitiker am Wahlverhalten in Ostdeutschland. „Ich finde es schlimm, was Herr Stoiber da macht.“

CSU-Chef Edmund Stoiber hatte erklärt, er könne es nicht akzeptieren, „dass letzten Endes erneut der Osten bestimmt, wer in Deutschland Kanzler wird“. Es dürfe „nicht sein, dass letztlich die Frustrierten über das Schicksal Deutschlands bestimmen“.

Fischer hob hervor, die Probleme des Landes seien gesamtdeutsch und könnten nur gemeinsam gelöst werden. Deutschland mache derzeit einen schmerzhaften Anpassungsprozess durch, den andere Staaten schon hinter sich hätten. Doch müsse dabei die Einheit Deutschlands als Chance begriffen und auch genutzt werden, sagte Fischer.

Mit dem Solidarpakt II habe die rot-grüne Bundesregierung eine „langfristige Basis und einen soliden Sockel“ für den Aufbau in den neuen Ländern geschaffen. Fischer hatte am Freitagabend in Rostock eine mehrtägige Wahlkampftour durch Ostdeutschland begonnen.

Schröder wirft Stoiber Spaltung des Landes vor

Der deutsche Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) hat dem bayerischen Ministerpräsidenten und CSU-Vorsitzenden Edmund Stoiber erneut eine Spaltung Deutschlands vorgeworfen. „Stoiber hat etwas gesagt, das ich für gefährlich halte“, sagte der Kanzler dem „Darmstädter Echo“ (Samstag-Ausgabe). Schröder bezog sich auf die Äußerungen Stoibers über das Wählerverhalten im Osten. „Ein bisschen wird wohl eine Rolle spielen, dass er selbst zu den wirklich Frustrierten gehört, weil er seine Niederlage von 2002 nicht verarbeitet hat“, sagte Schröder über den ehemaligen Unions-Kanzlerkandidaten.

Stoiber hatte auf einer Kundgebung in Baden-Württemberg erklärt, er könne es nicht akzeptieren, „dass letzten Endes erneut der Osten bestimmt, wer in Deutschland Kanzler wird“. Es dürfe „nicht sein, dass letztlich die Frustrierten über das Schicksal Deutschlands bestimmen“.

Die zentrale Auftaktkundgebung der SPD für den Bundestagswahlkampf hat am Samstag in Hannover begonnen. Auf dem Opernplatz der niedersächsischen Landeshauptstadt versammelten sich laut Polizeiangaben 7000 SPD-Anhänger und interessierte Bürger. Sie erwarteten die Reden von Bundeskanzler Schröder und Parteichef Franz Müntefering. Mit der Kundgebung starten Schröder und Müntefering offiziell ihre Wahlkampftouren. Beide wollen bis zum voraussichtlichen Wahltermin am 18. September jeweils bei rund 30 Großveranstaltungen auftreten. Ab Montag werden sowohl der Kanzler als auch die Unions-Kanzlerkandidatin Angela Merkel zu Wahlkampfauftritten im Osten erwartet.

Deutscher Kanzler wirft Merkel Führungsschwäche vor

Schröder hat der Unions-Kanzlerkandidatin Angela Merkel (CDU) wegen des Streits um die Aussagen des CSU-Vorsitzenden Edmund Stoiber über die Ostdeutschen Führungsschwäche vorgeworfen. „Kraftmeierei und Geschmacklosigkeiten von Herrn Stoiber und Führungsschwäche von Frau Merkel sind nicht geeignet, dieses Land zusammenzuhalten“, sagte Schröder in Hannover. Er erinnerte daran, dass an diesem Tag vor 44 Jahren die Berliner Mauer errichtet wurde. „Die Geschmacklosigkeit, die Diffamierung, die Herr Stoiber gegenüber den Deutschen in den neuen Ländern ausgesprochen hat“, müsse gerade an diesem Tag in aller Schärfe und aller Entschiedenheit zurückgewiesen werden.

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