D: "Stern"-Journalist abgehört
Unmittelbar vor einer Sondersitzung des Parlamentarischen Kontrollgremiums ist in Deutschland am Dienstag die Aufregung über die Bespitzelung von Journalisten durch den deutschen Bundesnachrichtendienst (BND) gestiegen. Betroffene Medienvertreter warfen den mutmaßlichen Spitzeln und dem Geheimdienst Stasi-Methoden vor. Der BND selbst bestritt, Telefone von Journalisten abgehört zu haben. Unterdessen entscheiden das Innen- und das Verteidigungsministerium, die am Vortag vom Kanzleramt für den Bundesnachrichtendienst (BND) erlassene Weisung zu übernehmen, wonach die drei deutschen Nachrichtendienste Journalisten künftig nicht mehr als Quellen benutzen dürfen.
Im Zuge der BND-Affäre um die Bespitzelung von Journalisten dürfen auch der Verfassungsschutz und der Militärische Abschirmdienst (MAD) bei der Suche nach undichten Stellen im eigenen Haus keine Reporter abschöpfen. Das Verteidigungsministerium betonte allerdings, weder beim Bundesamt für Verfassungsschutz noch beim MAD habe es Fälle gegeben, die mit denen beim BND bekannt gewordenen vergleichbar seien.
BND-Sprecher Stefan Borchert dagegen nannte eine entsprechende Meldung der Berliner Zeitung am Dienstag pure Fiktion. Für weitere Details verwies er auf den Bericht des früheren Bundesrichters Gerhard Schäfer. Das Parlamentarische Kontrollgremium des Bundestages (PKG), der Auftraggeber des Berichts, wollte am Nachmittag über die Veröffentlichung entscheiden.
Der Stern berichtete unterdessen, in der früheren Wohnung seines Autors Hans Peter Schütz sei ein Gerät für Lauschangriffe entdeckt worden. Die Untersuchung durch ein Spezialinstitut für Lauschabwehr ergab allerdings, dass das Gerät ohne den Anschluss eines weiteren Verbrauchers, zum Beispiel einer Wanze, keinen Sinn mache. Kanzleramtsminister Thomas de Maizière habe Schütz mitgeteilt, dieser sei zu keiner Zeit Ziel einer Überwachungsmaßnahme des BND gewesen. Der frühere BND-Präsident August Hanning habe Schütz erklärt: Ein Lauschangriff ist definitiv auszuschließen. Der BND habe nie Telefonüberwachung gemacht.
Focus-Sprecher Uwe Barfknecht sagte auf Anfrage: Wir wollen Anzeige gegen den BND erstatten. Zunächst werde auf Herausgabe der Unterlagen geklagt, um diese dann bei Gericht vorlegen zu können. Auch Stern und Spiegel erwägen juristische Schritte: Wir verlangen als erstes Akteneinsicht beim BND. Dann kommen Dienstaufsichtsbeschwerden gegen die Verantwortlichen in Betracht und schließlich eine Klage auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der betreffenden Aktionen, wird Stern-Chefredakteur Thomas Osterkorn im Hamburger Abendblatt zitiert. Sein Spiegel-Kollege Stefan Aust betonte in der Zeitung, derlei Praktiken seien so rechtswidrig wie üblich. Doch was man sich hier geleistet hat, ist schon ein starkes Stück.
Der Lokalchef des Abendblattes, Karl-Günther Barth, offenbar selbst ein Betroffener, warf dem Kollegen, der in meinem Fall offensichtlich Berichte geliefert hat, Stasi-Methoden vor. Mehrere Kollegen seien offenbar bis zu ihrer Wohnung verfolgt und im privaten Bereich fotografiert worden. Barth sagte im Deutschlandfunk, er verlange Einsicht in seine Akte. Dann überlege ich mir, ob ich die Kameraden verklage.
Der ehemalige Focus-Mitarbeiter Erwin Decker, der dem BND Informationen über seinen Kollegen Josef Hufelschulte geliefert haben soll, erklärte das in mehreren Interviews mit Wut und Rache. Die Affäre sei 14 Jahre her. Er sei damals ausgerastet, weil der Kollege Informationsquellen, die für mich sehr wichtig waren, verraten habe.