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D: Regierung schließt Hartz-Korrekturen aus

Die deutsche Regierung hat ungeachtet der anhaltenden Kritik weitere Korrekturen an den Arbeitsmarktreformen Hartz-IV erneut ausgeschlossen. Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) halte an der Umsetzung der Agenda 2010 fest.

Dies sagte Regierungssprecher Bela Anda sagte am Montag in Berlin. Die Regierung hatte vergangene Woche einen höheren Kinderfreibetrag und das Vorziehen der erstmaligen Auszahlung des neuen Arbeitslosengeldes II beschlossen. „Darüber hinaus wird es keine weiteren Änderungen geben“, sagte Anda.

Die Fraktionsspitzen der oppositionellen Unionsparteien wollen an Hartz-IV festhalten. „Es ändert sich nichts an der Zustimmung zu dem Gesetz“, sagte der wirtschaftspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, Karl-Josef Laumann, am Montag in Berlin. Gleichzeitig griff er Bundeskanzler Schröder scharf an, der der Union vorgeworfen hatte, gemeinsam mit der PDS eine „Volksfront“ gegen Hartz-IV gebildet zu haben. Dies sei „der größte Unsinn“, den Schröder je von sich gegeben habe, sagte Laumann.

Eine Demonstration in Weißenfels hat in Sachsen-Anhalt den Auftakt zu zahlreichen Protestaktionen gegen die Arbeitsmarktreform gegeben. Nach Polizeiangaben beteiligten sich rund 500 Menschen an dem Demonstrationszug, zu dem der Deutsche Gewerkschaftsbund und andere Organisationen aufgerufen hatten. Für den Abend sind trotz der geplanten Nachbesserungen an dem Reformvorhaben in rund 90 Städten in Ost- und Westdeutschland Kundgebungen und Demonstrationen geplant.

Die Kommunen haben bei der Hartz-IV-Umsetzung vor Panikmache gewarnt. Die Ängste der Bürger beruhten in der Mehrzahl auf Falschinformation, sagte der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, Gerd Landsberg. So würden bisherige Arbeitslosenhilfe-Empfänger keineswegs mit Hartz-IV „direkt in die Armut getrieben“. Viele würden finanziell sogar besser gestellt. Ein Ehepaar mit zwei Kindern erhalte statt bisher 1631 künftig 1660 Euro monatlich. Landsberg verwies auch darauf, dass fast die Hälfte der rund sechs Milliarden Euro Wiedereingliederungshilfen der Nürnberger Bundesagentur für Arbeit in den Osten Deutschlands gingen.

Landsberg forderte, das gemeinsam von Regierung und Opposition beschlossene Reformwerk zügig umzusetzen und die zugesicherten zusätzlichen Arbeitsplätze tatsächlich zu schaffen. Anders lasse sich die Akzeptanz der Hartz-IV-Gesetze nicht erreichen. So müsse der vorgesehene Rechtsanspruch von Jugendlichen bis 25 Jahren auf einen Arbeitsplatz, eine Lehrstelle oder eine gemeinnützige Beschäftigung eingelöst werden. Dabei sei vor allem der öffentliche Bereich gefordert. Nach Einschätzung von Landsberg gibt es für Arbeitslose zum Beispiel in Altenheimen und Pflegeeinrichtungen zusätzliche Beschäftigungsmöglichkeiten.

Die Proteste gegen das Arbeitslosengeld II haben auch eine neue Steuerdebatte ausgelöst. Aus den Reihen von SPD und Union kommt die Forderung, auf die für 2005 geplante Senkung des Spitzensteuersatzes zu verzichten. Zur Begründung wird angegeben, dass nicht bei den Arbeitslosen gekürzt werden könne und die Spitzenverdiener zugleich weiter entlastet werden könnten. Die rot-grüne Regierung hat die dritte Stufe der Steuerreform bereits teilweise vorgezogen. Mit Zustimmung der Union kam vergangenes Jahr ein Kompromiss zustande: Demnach sank der Spitzensteuersatz bereits zu Jahresbeginn 2004 von 48,5 auf 45 Prozent. Der Eingangssteuersatz ging von 19,9 auf 16 Prozent zurück. Ab Jänner nächsten Jahres soll der Rest der dritten Stufe folgen: Dann soll der Spitzensteuersatz noch einmal von 45 auf 42 Prozent zurückgehen, der Eingangssteuersatz von 16 auf 15 Prozent. Der Grundfreibetrag war zu Jahresbeginn von 7.235 Euro auf 7.664 Euro erhöht worden. Bei diesem Freibetrag soll es auch 2005 bleiben. Nach Angaben des Finanzministeriums kommt bei der Einkommen- und Lohnsteuer ab 2005 eine zusätzliche Entlastung von jährlich rund 6,5 Milliarden Euro zu Stande.

Zum Zeitpunkt der rot-grünen Regierungsübernahme 1998 lag der Eingangssteuersatz noch bei 25,9 Prozent und der Spitzensteuersatz bei 53 Prozent. Der Grundfreibetrag lag damals bei 6.322 Euro.

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