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D: Reformdruck auf Regierung wächst

Nach den rot-grünen Stimmenverlusten in Schleswig-Holstein wächst der Druck auf die deutsche Regierung, noch weit vor der Bundestagswahl 2006 Maßnahmen für mehr Wachstum und Arbeitsplätze zu beschließen.

Das Kanzleramt dementierte am Mittwoch zwar einen Bericht, wonach ein milliardenschweres Konjunkturprogramm geplant sei. Zugleich wird in der Koalition aber der Ruf immer lauter, möglichst rasch Unternehmen steuerlich zu begünstigen, die Gewinne zur Schaffung von Jobs einsetzen.

Die Wirtschaft warnte vor einer „Rückkehr zur Politik der ruhigen Hand“ wie vor der Wahl 2002. Die Gewerkschaften forderten eine massive Aufstockung der öffentlichen Investitionen mit Schwerpunkt auf die kommunale Infrastruktur. Dafür wollen sie sich bei einem Treffen mit Bundeskanzler Gerhard Schröder am (morgigen) Donnerstag in Berlin einsetzen, wie Ver.di-Vorsitzender Frank Bsirske ankündigte. Außerdem verlangte er Nachbesserungen bei der Arbeitsmarktreform Hartz IV.

Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) nannte Berichte über ein anstehendes Konjunkturprogramm eine „spekulative Aufblähung“ all jener Möglichkeiten, die schon länger debattiert würden. Regierungssprecher Thomas Steg sprach von „Unfug“, zumal sich solche Initiativen stets als Strohfeuer erwiesen hätten. Auch hinsichtlich einer Unternehmensteuerreform bestehe „kein akuter Entscheidungsbedarf“.

Laut „Berliner Zeitung“ denkt die Regierung an Finanzspritzen für kleine und mittlere Unternehmen, Lohnsubventionen, ein kommunales Investitionsprogramm von wenigstens fünf Milliarden Euro und eine steuerliche Besserstellung reinvestierter Firmengewinne. In die Gespräche seien Clement, Finanzminister Hans Eichel sowie Kanzleramtschef Frank-Walter Steinmeier eingebunden. Während Eichel vor Schulden warne, dränge Clement zum Handeln. Die Zeitung berichtete, in Schröders Umfeld wachse die Bereitschaft, noch vor der Wahl in Nordrhein-Westfalen Ende Mai zu handeln.

Steg betonte jedoch, die von der Regierung beschlossenen Maßnahmen für Wachstum und Beschäftigung – darunter Hartz IV – bräuchten Zeit zu wirken. „Im Moment geht es nicht darum, über neue Maßnahmen zu spekulieren.“ Eichel wird nach Worten seines Sprechers Stefan Giffeler 2006 sein Unternehmensteuerkonzept vorlegen. Es gelte das Prinzip Sorgfalt vor Schnelligkeit.

Der wirtschaftspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Rainer Wend, sprach sich dafür aus, die Modernisierung der Unternehmensbesteuerung in der laufenden Legislaturperiode anzugehen. Zwar könne eine umfassende Reform erst nach 2006 umgesetzt werden, sagte er dem „Handelsblatt“. Kurzfristig machbar sei allerdings, Gewinne steuerlich zu begünstigen, die im Betrieb verblieben. Dies dürfe nicht nur für Mittelständler gelten, sondern auch für Konzerne.

Union und FDP forderten im Einklang mit Spitzenverbänden der Wirtschaft rasche Beschlüsse. „Wir haben keine drei Jahre mehr Zeit, wenn andere Staaten in hohem Tempo die Steuersätze für Unternehmen senken“, sagte CDU/CSU-Finanzexperte Michael Meister.

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