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D: Mörder mit perverser Fotosammlung

Volker E. hat nach seinem eigenen Geständnis sechs Frauen getötet, fünf davon Prostituierte, die er mit bloßer Hand erwürgte. Er fotografierte die Leichen und sammelte ihre Haare.

Für zwei Wochen durfte Volker E. Anfang dieses Monats seine Zelle in Bayreuth verlassen. In dieser Zeit untersuchte Norbert Nedopil, einer der bekanntesten deutschen psychiatrischen Gutachter, den mutmaßlichen Serienmörder in München. Sechs Frauen hat E. nach seinem eigenen Geständnis getötet, fünf davon Prostituierte, die er mit bloßer Hand erwürgte. Wie einen Fetisch sammelte der 48-Jährige Haare seiner Opfer. Außerdem fotografierte er die Leichen. Nedopil sollte klären, wieweit der Fernfahrer psychisch krank ist. Direkt nach Abschluss des Gutachtens wurden aber vergangene Woche neue Vorwürfe bekannt. Danach könnte die Zahl der Opfer bei bis zu 19 liegen. Der Fall des in Oelsnitz im Vogtland geborenen E. hatte von Anfang an eine europäische Dimension: Nach einem Hinweis aus Spanien war der Fahrer eines Silo-Lastzugs im November in einer Lkw-Waschanlage in Köln festgenommen worden. Eine Überwachungskamera hatte festgehalten, wie E. in Hostalric nahe der Costa Brava die Leiche seines letzten Opfers, einer 20-jährigen Bulgarin, in ein Gebüsch warf. E. hatte der Frau vom Straßenstrich 60 Euro dafür gezahlt, dass sie sich beim Sex fesseln ließ. Diese Hilflosigkeit nutzte er aus und erwürgte die Frau. Dann schnitt er sich einige ihrer schwarzen Locken ab und machte ein Foto der Leiche. Beides fanden die Ermittler in einem Handschuhfach, das E. sich für die grausigen „Trophäen“ seiner Taten ins Führerhaus eingebaut hatte.

E. gestand fünf Morde, die er zwischen 1999 und 2006 begangen habe: vier an Prostituierten in Spanien und einen an einer Prostituierten in Frankreich. Dazu kommt ein Fall aus seiner Jugendzeit. Als 15-Jähriger hatte er in seiner damaligen Heimatstadt Plauen in der DDR ein 14-jähriges Mädchen getötet. Weil sich um deren Hals eine Schlinge befand, ging die Polizei damals von Selbstmord aus.

Beweissammlung in ganz Europa

Die spanischen Ermittler hätten E. gerne selbst vor Gericht gebracht. Die in Den Haag sitzende europäische Justizkoordinierungsstelle Eurojust entschied allerdings, dass der Fall in Hof verhandelt werden muss – in der fränkischen Stadt war E. zuletzt gemeldet. Für die in Hof eingesetzte 22-köpfige Sonderkommission „Fernverkehr“ ist der Fall eine Riesenherausforderung, wie Sprecher Herbert Gröschel sagt. Die Beamten seien ständig in ganz Europa unterwegs, mit Hilfe von Dolmetschern würden Beweise gesammelt. Der von Eurojust aufgeworfene Verdacht, E. könnte für noch weit mehr Taten verantwortlich sein, hat die SoKo an den Rand ihrer Kapazitäten gebracht. Nun soll das Bundeskriminalamt bei den Ermittlungen helfen.

Bei den 13 von Eurojust aufgelisteten Fällen handelt es sich um Morde oder Mordversuche, die in das Tatschema von E. passen. Die meisten Opfer sind Prostituierte, die erwürgt wurden oder werden sollten. Stimmen die Verdächtigungen, würde sich die Dimension des Falles auf insgesamt fünf Länder ausweiten: Eines der Opfer kommt aus Italien, eines aus Tschechien. Fünf weitere ungeklärte Fälle kommen aus Deutschland, zwei aus Spanien und vier aus Frankreich.

Laut Oberstaatsanwalt Eberhard Ziller wollen die Hofer Ermittler die Hinweise aus Den Haag allerdings nicht überbewerten. E. sei bei seinen Vernehmungen bereits mit einer Reihe ungeklärter Fälle konfrontiert worden. Diese Vorwürfe habe er begründet bestreiten können – etwa damit, zur Tatzeit woanders gewesen zu sein. Die Staatsanwaltschaft werde deshalb auch nicht abwarten, bis die alle Vorwürfe geklärt seien. Stattdessen will sie auf Basis der eingestandenen sechs Morde in den kommenden Wochen Anklage erheben. Der Prozess könnte noch in diesem Jahr beginnen.

Dass das Verfahren deutschlandweit für Aufsehen sorgen wird, lässt sich bereits absehen: Zu bizarr ist die Geschichte dieses Serienmörders. Schon in der DDR saß er im Gefängnis, weil er Frauen überfallen und bis zur Bewusstlosigkeit gewürgt hatte. Nach seiner Haftentlassung nach der Wende zog E. dann in den Westen: Im nur 30 Kilometer von Plauen entfernten Hof waren er und seine Geschichte unbekannt.

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