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D: Motassadeq als amerikafeindlich beschrieben

Im Hamburger Terrorprozess hat ein Zeuge den angeklagten Motassadeq als amerikafeindlich beschrieben. "Er hatte eine negative Einstellung zu Amerika, aber keine Hassgefühle", die eine Bereitschaft zu Gewalttaten signalisiert hätten.

Dies sagte der ehemalige Mitbewohner Necdi A. am Dienstag vor dem Hanseatischen Oberlandesgericht. Zugleich betonte der 32-jährige Student, Motassadeq sei ein friedlicher Mitbewohner gewesen: „Er ist kein Gewalttäter.“ Manchmal habe er nach harten Diskussionen sogar geweint.

Der türkische Zeuge lebte von Ende 1996 bis Juli 1999 mit Motassadeq in einer Wohngemeinschaft. „Mounir hatte nichts zu verheimlichen“, beschrieb er ihn. Der Angeklagte habe zwei bis vier Mal pro Woche Besuch bekommen, darunter sei auch oft die Gruppe um den späteren Todespiloten Mohammed Atta gewesen. „Atta war ein ziemlich strenger Moslem“, erinnerte sich Necdi A.. In all den Jahren des Zusammenwohnens habe er keine Veränderung bei Motassadeq festgestellt, nur der Bart sei länger geworden. Der Marokkaner sei aber die ganze Zeit über sehr religiös gewesen.

Der Zeuge konnte sich nicht daran erinnern, von Motassadeq jemals eine Äußerung gehört zu haben, wonach die Juden verbrennen sollten und man auf ihren Gräbern tanzen werde. Das hatte ein anderer Zeuge ausgesagt. In der ganzen Zeit des Zusammenlebens habe es keine Hinweise auf den Terroranschlag gegeben. „Es gab keinen Grund, Motassadeq mit dem 11. September zu verbinden“, sagte der Zeuge. Zwar sei oft über den Dschihad (heiliger Krieg) gesprochen worden. Motassadeq meinte jedoch, dass die Macht des Islam durch eine umfassende Bildung und nicht durch einen bewaffneten Kampf ausgedehnt werden müsse.

Die Bundesanwaltschaft wirft dem 30 Jahre alten Elektronikstudenten Motassadeq Beihilfe zum Mord in mehr als 3.000 Fällen und Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung vor. Er war 2003 vom OLG zu 15 Jahren Haft verurteilt worden. Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte das Urteil aufgehoben und nach Hamburg zurückverwiesen. Die Obersten Richter bemängelten, dass dem OLG die wichtige Zeugenaussage des mutmaßlichen Drahtziehers Ramzi Binalshibh nicht vorlag.

In der Anklage hieß es, Motassadeq habe die Ansichten der Atta-Gruppe geteilt und bei den Vorbereitungen für die Terroranschläge geholfen. Motassadeq soll für die Todespiloten Überweisungen abgewickelt haben, während die späteren Täter in den USA ihre Pilotenausbildung bekamen. Der Angeklagte sagt, er habe nichts über Anschlagspläne gewusst und nur aus Freundlichkeit geholfen.

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