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D: Merkel zog Ein-Jahres-Bilanz

Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel hat am ersten Jahrestag ihrer Wahl eine Erfolgsbilanz präsentiert. Im Bundestag sagte sie zugleich, es bleibe noch "sehr, sehr viel zu tun".

Die drei Oppositions-Fraktionen rechneten in einer Generaldebatte dagegen scharf mit der schwarz-roten Regierung ab. Sie sprachen von verpassten Chancen und einer falschen Politik. Laut einer Forsa-Umfrage verharren die deutschen Regierungsparteien im Stimmungstief und kommen derzeit auf je 29 Prozent.

Umstritten war vor allem, inwieweit der Wirtschaftsaufschwung das Verdienst von Merkels Regierung ist. Die Kanzlerin sagte unter Hinweis auf die guten Daten: „Richtige Politik wirkt.“ FDP-Partei- und Fraktionschef Guido Westerwelle warf ihr darauf hin vor, sich mit fremden Federn zu schmücken. Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Renate Künast meinte, die Regierung streiche „nur die Reform-Dividende von Rot-Grün“ ein.

Anlass für die vierstündige Generaldebatte war wie jedes Jahr die Beratung des Budget-Plans für das deutsche Kanzleramt. Da Merkel aber genau am Mittwoch vor einem Jahr zur Kanzlerin gewählt worden war und die Regierung von Union und SPD ihr Amt angetreten hatte, wurde von allen Rednern eine Zwischenbilanz gezogen.

Künast erinnerte daran, dass der damals abgelöste SPD-Kanzler Gerhard Schröder von der nun sehr viel besseren Wirtschaftslage hätte profitieren können, wenn er nicht die Bundestagswahl um ein Jahr vorgezogen hätte. Er sei „Nerven-schwach“ gewesen. Scharfe Kritik übte die Grün-Politikerin an der geplanten Gesundheitsreform. Es sei ein Fehler Merkels gewesen, die privaten Versicherer von vornherein „sakrosankt“ zu stellen. Westerwelle meinte, die Bürger hätten im Unterschied zur Regierungskoalition an diesem ersten Jahrestag nichts zu feiern, weil bei ihnen abkassiert werde.

Merkel erklärte zu den vergangenen zwölf Monaten, um ein Land auf die Zukunft vorzubereiten, sei dies „eine sehr kurze Zeit“. Dennoch stehe Deutschland inzwischen viel besser da. Die Regierungschefin bekräftigte ihren Kurs, der von den Koalitions-Fraktionen gestützt wurde. Allerdings ließ es sich SPD-Fraktionschef Peter Struck nicht nehmen, eine Parallele zur Großen Koalition der 60er Jahre zu ziehen. So wie damals solle ein SPD-Politiker 2009 Merkel als Kanzlerin ablösen.

Merkel berief sich wiederum auf eine Strategie des „Dreiklangs“ von Sanieren, Reformieren und Investieren. Da manches Beschlossene eine Zumutung für die Bürger sei, sei es selbstverständlich, dass es bei den Wählern nicht nur Zustimmung gebe. Einen „Riesen-Erfolg“ nannte sie es, dass Deutschland wieder den Europäischen Stabilitätspakt einhält, gegen den es seit 2002 verstoßen hat.

Die Kanzlerin sprach erneut von dem Motto „Mehr Freiheit wagen“, bekannte sich aber zur Solidarität mit den Schwachen. Ziel müsse es sein, die Zahl derer ohne Chance auf dem Arbeitsmarkt zu verringern. Sie verteidigte auch nachdrücklich die Pläne für die Gesundheits-Reform als Fortschritt für die Versicherten, obwohl diese Pläne von allen im Gesundheitssystem abgelehnt werden.

Der Fraktionschef der Linkspartei, Gregor Gysi, sah bei der schwarz-roten Regierung eine Fortsetzung der Politik von Rot-Grün. Es werde nicht dafür gesorgt, dass der Staat mehr Geld habe: „Nur die Slowakei hat noch geringere Steuer-Einnahmen als Deutschland.“ Die Regierung, so Gysi, betreibe eine unsoziale Politik: „Den Reichen geht es besser.“ In der Außenpolitik forderte er Merkel im Hinblick auf die deutsche EU-Präsidentschaft im nächsten Jahr auf, in der EU-Verfassung Sozialrechte zu verankern.

CDU/CSU-Fraktionschef Volker Kauder wies darauf hin, dass die Große Koalition im vergangenen Herbst „völlig ohne Alternative“ gewesen sei. Weder Rot-Grün noch die von der Union angestrebte Koalition mit der FDP hatte eine Mehrheit. Für seinen SPD-Kollegen Struck heißt Große Koalition „große Verantwortung“, aber auch „große Kompromisse“. Westerwelle sprach dagegen von einer „Politik des kleinsten gemeinsamen Nenners von widerstreitenden Interessen“.

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