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D: Mehrzahl NS-Opfer wird nicht entschädigt

Die Mehrheit der in Konzentrationslagern oder bei der Zwangsarbeit geschädigten NS-Opfer wird keine deutschen Entschädigungszahlungen erhalten.

Allein die für NS-Opfer mit Personenschäden zuständige Internationale Organisation für Migration (IOM) hat 39.800 der 41.000 eingegangenen Anträge wegen Geldmangels ablehnen müssen, wie der Direktor des IOM-Entschädigungsprogrammes, Norbert Wühler, am Dienstag in Oranienburg bei Berlin sagte. Darunter seien viele Antragsteller mit schweren und dauerhaften Gesundheitsschäden gewesen.

Die in der Bundesstiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft” für diesen Personenkreis vorgesehenen 25,5 Millionen Euro hätten jedoch nicht ausgereicht, erklärte Wühler. Deshalb entschieden die IOM, die jüdische Claims Conference und die Partnerorganisationen in Osteuropa, nur die Opfer pseudomedizinischer Versuche von „NS-Ärzten” sowie damals von ihren Eltern getrennte und in Zwangsarbeiter-Kinderheimen eingewiesene Personen zu berücksichtigen.

Der IOM zufolge haben alle Organisationen zusammen Zahlungen in etwa 6.800 solcher Fälle genehmigt. Fast alle diese Betroffenen haben die Einmalzahlung über 4.240 Euro mittlerweile erhalten. Die Gesamtzahl der Anträge wollte die Bundesstiftung allerdings nicht nennen. Sie sei nicht aussagekräftig, weil teilweise Anträge doppelt oder falsch gestellt wurden, hieß es.

Die Beschränkung des Opferkreises auf die so genannte Kategorie I sei „eine sehr schwere Entscheidung gewesen”, sagte Wühler. Ansonsten hätte das Geld jedoch nur für minimale Zahlungen gereicht. „Das wäre dann nicht einmal eine symbolische Geste gewesen”, sagte eine IOM-Sprecherin. Es gebe auch kaum Hoffnung, dass die Summe im Entschädigungsfonds aufgestockt werde. Viele der Betroffenen, die eine Zahlung erhalten haben, könnten das Geld jedoch gut gebrauchen, erklärte Wühler. „Die Menschen sind froh, dass sich nach 60 Jahren überhaupt noch jemand an ihr Leiden erinnert.”

Allein die IOM hat 733 Anträge von Opfern medizinischer Versuche bewilligt. Zahlungen erhalten darüber hinaus 165 Personen, die als Kind von ihren Eltern getrennt und in ein Zwangsarbeiter-Kinderheim eingewiesen wurden und 73 Eltern, deren Kinder in einem solchen Heim verstorben sind. Zudem werden im Laufe des Jahres etwa 150 Nachkommen von mittlerweile verstorbenen Opfern entschädigt. In Deutschland erhalten 137 Menschen einen Scheck von der IOM. Die Mehrzahl der ermittelten Opfer ist osteuropäischer Herkunft und lebt heute in Frankreich, Slowenien und den Vereinigten Staaten.

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