Beim ORF hat man von entsprechenden Überlegungen gehört, bei der RTL-Gruppe und ProSieben-Sat.1 gibt man sich zurückhaltend. Verschlüsselung sei nur eines der Themen, über die man im Zuge der Digitalisierung nachdenke, heißt es.
Laut Digital Fernsehen könnte die große deutsche, frei zugängliche TV-Vielfalt via Satellit bald Vergangenheit sein. Die Motive für die geplante Sat-Grundverschlüsselung seien finanzieller Natur. Demnach wäre eine Finanzierung allein durch klassische Werbung bei den geforderten Wachstumsraten nicht mehr möglich. Außerdem müssten sich die Privatsender in der digitalen Welt breiter aufstellen, heißt es weiter. Pläne für Pay-TV-Kanäle gebe es bei den großen Sendergruppen deshalb bereits. Wenn nun das Hauptprogramm bereits verschlüsselt ist, wäre für die Zuschauer die Eintrittsbarriere in die Pay-TV-Welt nur noch minimal, schreibt das Fachmagazin.
Mit der Grundverschlüsselung wären die Privatsender darüber hinaus das schwelende Problem um Lizenzrechte mit den Hollywood-Studios los. Diesen ist die heutige freie europaweite Ausstrahlung von Blockbustern ein Dorn im Auge. Wären die Signale verschlüsselt und somit auf Deutschland, Österreich und die Schweiz beschränkt, könnten die Privaten unterm Strich sogar bei den Lizenzkosten sparen. Pech könnten freilich all jene Haushalte haben, die sich in den vergangenen Jahren analoge Satelliten-Receiver gekauft haben. Diese Geräte lassen sich nämlich nicht mit einem Verschlüsselungssystem nachrüsten.
Dass damit das Ende von frei empfangbarem Fernsehen verbunden sein könnte, dementiert man bei den deutschen Privaten jedoch heftig. Keine Frage: Free-TV soll Free-TV bleiben, so Christian Körner, Konzernsprecher der RTL-Gruppe, auf Anfrage der APA. Die Digitalisierung wird kommen. Das unterstützen wir. Wir denken generell über jeden Verbreitungsweg zu unseren Zuschauern nach. Verschlüsselung und der Schutz von Lizenzrechten sind dabei ein Thema von vielen, sagt Körner. Darüber hinaus prüfe man auch die Möglichkeit zu neuen Geschäftsmodellen und Pay-TV-Angeboten.
Bei ProSieben-Sat.1 gibt es für eine mögliche Verschlüsselung der Sender im Augenblick keine konkreten Entscheidungen, wie Konzernsprecherin Katja Pichler im Gespräch mit der APA erklärt. Mittelfristig wagen wir keine Prognose, weil es schwer zu sagen ist, wie sich die digitale Fernsehzukunft weiter entwickelt.
Sollten die deutschen Privaten ihre Verschlüsselungsüberlegungen in die Tat umsetzen, so könnte sich für Österreich ein Sonderproblem ergeben. Laut Digital Fernsehen wollen RTL & Co auf das Verschlüsselungssystem Nagravision des Pay-TV-Senders Premiere setzen. Der ORF verschlüsselt hier zu Lande über das System Cryptoworks. Schon 470.000 österreichische Haushalte werden vom öffentlich-rechtlichen Sender digital via Cryptoworks versorgt. Deutlich weniger Österreicher beziehen Pay-TV-Teile des Premiere-Programm-Bouquets über Nagravision. Das Verhältnis beträgt in etwa vier zu eins.
Falls sich die deutschen Privatsender für Nagravision entscheiden, soll es laut ORF jedenfalls möglich sein, die privaten Kanäle aus dem großen Nachbarland auch über das ORF-Verschlüsselungssystem empfangen zu können. Wir werden alles tun, damit kein Schaden für den österreichischen Konsumenten entsteht, betont der Kaufmännische ORF-Direktor Alexander Wrabetz. Die deutschen TV-Macher plädieren in dieser Frage indes für ein einheitliches Vorgehen und ein System. Mehrere Länder in Europa haben gezeigt, dass verschiedene technische Standards dem Zuschauer nicht nützen, so RTL-Sprecher Körner.