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D: Gesundheitsreform beschlossen

Die deutsche Bundesregierung hat die umstrittene Gesundheitsreform auf den Weg gebracht. Das Kabinett beschloss am Mittwoch formell die Eckpunkte.

 auf die sich die große Koalition Anfang Juli in schwierigen nächtlichen Spitzenrunden verständigt hatte. Das Gesundheitsministerium soll daraus in den kommenden Wochen einen Gesetzentwurf erarbeiten. Ministerin Ulla Schmidt (SPD) sprach von einem „tragfähigen Kompromiss“, der „Reformwillen und -fähigkeit der großen Koalition unter Beweis“ stelle.

Die Grundzüge einer Finanzreform des Gesundheitswesens sehen unter anderem Beitragserhöhungen um etwa 0,5 Prozentpunkte mit 1. Jänner 2007 vor. Die beitragsfreie Mitversicherung der Kinder wird ab 2008 aus Steuermitteln bezuschusst, das Geld soll jedoch aus dem laufenden Haushalt ohne Steuererhöhungen aufgebracht werden. Kernelement ist die Einrichtung eines Gesundheitsfonds, in den alle Mittel und Beiträge fließen und aus dem Pauschalen pro Versichertem an die Krankenkassen weitergeleitet werden. Kommen sie damit nicht aus, können sie Zusatzbeiträge erheben. Privatversicherten soll der Wechsel zu einem anderen Anbieter durch die Mitnahme der Altersrückstellungen erleichtert werden.

„Die Gesundheitsreform bringt wichtige strukturelle Veränderungen, die mehr Wettbewerb ermöglichen“, sagte Regierungssprecher Ulrich Wilhelm. Schmidt erklärte, die im Koalitionsvertrag von Union und SPD formulierten gemeinsamen Ziele würden „mit Leben gefüllt“. Mit den Eckpunkten werde „eine ganze Menge im System verändert“ und „das deutsche Gesundheitswesen auf allen Ebenen umstrukturiert“. Es erhalte „einen neuen Finanzrahmen, der offen für nachhaltige Finanzierungsformen ist“.

Grünen-Fraktionschefin Renate Künast erklärte dagegen, die Reform werde teuer für die Versicherten und zeige „die ganze Kraftlosigkeit“ der großen Koalition. „Wo vorher Entlastung versprochen wurde, kriegen Union und SPD ihre Hände aus den Taschen der Bürgerinnen und Bürger gar nicht mehr raus“, kritisierte die frühere Verbraucherministerin.

Auch von Verbänden hagelte es weiter Protest. Krankenhäuser fürchten um ihre Existenz: “500 Häuser und Tausende von Arbeitsplätzen sind hochgradig gefährdet“, sagte der Landesvorsitzende Niedersachsen des Verbandes der Krankenhausdirektoren Deutschlands (VKD), Norbert Wemhoff, der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (Donnerstagausgabe). Die Ärztevereinigung Hartmannbund drang auf eine schnellere Verwirklichung der Honorarreform. Der Sozialverband VdK beklagte eine übermäßige Belastung der Versicherten. „Diese Reform braucht niemand“, erklärte der Arbeiter-Ersatzkassen-Verband die Vertreterversammlung.

Die Regierung beschloss auch die für 2008 geplante Unternehmenssteuerreform. Demnach soll die Steuerlast für Kapitalgesellschaften von gut 38,6 Prozent auf 29,2 Prozent sinken, was im ersten Jahr fünf Mrd. Euro kosten wird. Damit soll Deutschland im internationalen Steuerwettbewerb um Unternehmen aufholen. „Wenn wir nichts tun, werden immer mehr Investitionen und Kapital abfließen; die Steuerbasis würde immer schmaler“, warnte Finanzminister Peer Steinbrück.

Auch diese Reform wurde vor allem kritisch aufgenommen. Die Wirtschaft sprach von einer brauchbaren Diskussionsgrundlage, verlangte aber eine weiter gehende Senkung der Steuerlast auf 25 Prozent. Die Linkspartei beklagte indes, Steuersenkungen hätten noch nie Jobs geschaffen, und geißelte die Regierung als „Steuersenkungsbüttel“ der Wirtschaft. Die Grünen warnten vor milliardenschweren Risiken für die öffentlichen Haushalte, die am Ende die Bürger ausbaden müssten. Kritik kam auch von SPD-Linken und dem Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB)

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