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D: Föderalismus-Reform gescheitert

Die Verhandlungen zur Föderalismus-Reform in Deutschland sind vorerst gescheitert. Das erklärten die Vorsitzenden der damit betrauten Kommission, SPD-Chef Franz Müntefering und der bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber, am Freitag in Berlin übereinstimmend.

Beide wollten ohne einen Kompromissvorschlag in die Abschlusssitzung der Kommission am Freitag Nachmittag gehen. Bund und Länder wiesen sich gegenseitig die Schuld am Scheitern zu.

Müntefering erklärte: „Wir müssen davon ausgehen, dass es zu einem Ergebnis nicht kommen kann.“ Als letzte Hürde für eine Einigung nannte er die Bildungszuständigkeiten. Müntefering bezeichnete es unverständlich, dass die Länder den Bereich Bildung mit allen anderen, bereits ausgehandelten Punkten verknüpfen wollten. Sein Vorschlag für die Föderalismus-Kommission sei, das zu beschließen, was möglich sei, und die Bildung auszugliedern.

Stoiber sagte, alles bisher Vereinbarte sei „jetzt leider an der SPD gescheitert“, denn die SPD sei nicht bereit gewesen, eine Entflechtung im Bildungsbereich vorzunehmen. „Ich gehe jetzt davon aus, dass wir in absehbarer Zeit zu weiteren Veränderungen des Grundgesetzes nicht kommen werden.“

Regierungssprecher Bela Anda warf den Ländern wegen ihrer Forderung nach alleiniger Zuständigkeit für Bildung und Hochschulen „Kleinstaaterei“ vor. Dies dürfe nicht das letzte Wort sein. Anda nannte es unter Verweis auf das schlechte Abschneiden deutscher Schüler in internationalen Vergleichsstudien „geradezu grotesk, wenn nach 50 Jahren Eigenverantwortlichkeit der Länder daraus keine gesamtstaatlichen Konsequenzen gezogen würden“.

FDP-Chef Wolfgang Gerhard forderte einen Verfassungskonvent, um die Reformen doch noch umzusetzen. Ein wie die Kommission ausschließlich aus parteipolitisch gebundenen Mitgliedern zusammengesetztes Gremium könne nur scheitern oder einen Konsens auf kleinstem gemeinsamen Nenner erzielen, sagte Gerhardt. Ein Konvent mit „Persönlichkeiten aus dem öffentlichen Leben“ habe wesentlich größere Erfolgsaussichten, wie die EU gezeigt habe.

Der SPD-Abgeordnete Dieter Wiefelspütz warf den Ländern „Machtspielchen“ vor. Es habe im Rahmen der Verhandlungen massive Zuständigkeitsverlagerungen zu Gunsten der Länder gegeben. Man könne die Einigung nicht allein am Punkt der Bildungskompetenz scheitern lassen. Der thüringische Ministerpräsident Dieter Althaus (CDU) warf der Bundesregierung vor, die Verhandlungen auf den letzten Metern zu Fall gebracht zu haben. Bundeskanzler Gerhard Schröder habe die Bildungspolitik als „Spielwiese“ entdeckt. Hamburgs Bürgermeister Ole von Beust verwies im NDR darauf, dass die Länder einer Reduzierung der zustimmungspflichtigen Gesetze von 60 Prozent auf 25 bis 30 Prozent zugestimmt hätten. Die Bildungs- und Hochschulpolitik sei die rote Linie. Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Wolfgang Böhmer (CDU) schlug vor, die Beratungen bis Mitte Januar auszusetzen und danach erneut nach Lösungen zu suchen.

Die Grünen-Fraktionschefin Krista Sager wollte die Verhandlungen nicht schon vor der letzten Sitzung der Kommission ausdrücklich für gescheitert erklären. Sie sehe aber „keine Möglichkeit, dass der Bund über seine Verfahrensangebote noch hinausgehen kann“.

Der hessische Ministerpräsident Roland Koch meinte, wenn Müntefering nicht zu Beginn der Sitzung der Föderalismus-Kommission neue Vorschläge bringe, sei die Sache gescheitert. Es sei jetzt an der Bundesregierung, sich zu bewegen.

Müntefering: Keine neue Entwicklung bei Föderalismusreform

Auch nach neuerlichen Beratungen zwischen SPD-Chef Franz Müntefering und Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) gibt es keine neue Situation bei der Föderalismusreform für Deutschland. Dies sagte Müntefering am Freitagnachmittag in Berlin. Die Kommission zur Reform der bundesstaatlichen Ordnung trat anschließend zur ihrer Schlusssitzung zusammen. Das Gremium war im November 2003 eingesetzt worden. Am Morgen hatten die beiden Kommissionsvorsitzenden Müntefering und Stoiber verkündet, die Reform stehe wegen des Bund-Länder-Streits um die Bildungspolitik vor dem Aus.

Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) sagte am Nachmittag nach einem neuerlichen Treffen der Ministerpräsidenten der Länder: „Es wird scheitern.“ Die unionsregierten Länder seien nicht kompromissbereit gewesen. Damit sei eine „einmalige Chance“ verpasst worden.

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