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D: Erkentnisse im Kofferbomben-Fall

Knapp drei Wochen nach den Bombenfunden in zwei deutschen Regionalzügen ist klar: Die Insassen sind nur knapp einer folgenschweren Explosion entgangen. Verdächtige:  

„Wir wissen definitiv, dass eine Zündauslösung in beiden Fällen erfolgt ist“, ließ der Chef des Bundeskriminalamtes (BKA), Jörg Ziercke, am Freitag keinen Zweifel an der Skrupellosigkeit der Täter aufkommen. Dass die in den Bahnhöfen von Dortmund und Koblenz sichergestellten Bomben nicht explodierten, war nach Überzeugung der Fahnder letztlich „handwerklichen Fehlern“ der Attentäter beim Bombenbau zu verdanken.

Welche technischen Probleme die Detonation der baugleichen Sprengsätze in den Regionalzügen Aachen-Hamm und Mönchengladbach-Koblenz verhinderten, ließ Ziercke bewusst offen. Schließlich wollten die Ermittler den Tätern „keine Hinweise und Anleitungen“ geben. Sicher sei jedenfalls, „dass die Täter die Explosionen auslösen wollten“, und zwar zeitgleich in beiden Zügen. Auf jeweils 14.30 Uhr waren die als Wecker dienenden Zündeinrichtungen gestellt – doch die Sekundenzeiger tickten weiter, ohne dass die Sprengsätze explodierten.

Wären die rund 25 Kilogramm schweren Kofferbomben mit je einer 11- Liter Gasflasche und Benzin in je drei Plastikflaschen explodiert, wären die Folgen furchtbar gewesen: Es hätte einen Feuerball gegeben, sagte Ziercke – durch die Plastikflaschen mit Brandbeschleuniger, die in beiden Koffern gefunden wurden. Zugwaggons wären ausgebrannt, betonte Ziercke, es wäre „eine unbestimmte Anzahl an Toten und Verletzten“ zu beklagen gewesen. Zudem wären beide Regionalzüge womöglich entgleist.

Das Motiv für die Tat liegt zwar immer noch im Dunkeln, allerdings spricht unterdessen nach Erkenntnissen der Ermittler viel für einen terroristischen Hintergrund. Die Fahnder glauben aber, dass sie durch ihre Ermittlungen den Tätern bereits ein Gesicht geben konnten. Seit Freitag suchen sie mit Hochdruck zwei Männer im Alter zwischen etwa 25 und 30 Jahren, die sie auf Videobändern aus dem Kölner Hauptbahnhof ausfindig gemacht haben. Die beiden Männer bestiegen nach Erkenntnissen des BKA auf Gleis 3 des Bahnhofs um die Mittagszeit des 31. Juli kurz hintereinander die betroffenen Züge und stellten darin die Koffer ab.

Über ihre Identität wissen die Fahnder nach eigenen Angaben noch nichts. Zu den wenigen Indizien, über die die Ermittler verfügen, gehört ein abgerissener Zettel mit arabischen Schriftzeichen, der in dem Koblenzer Koffer gefunden wurde, darauf eine Telefonnummer aus dem Libanon und – wie auf einem Einkaufszettel – der Produktname eines libanesischen Joghurts. Als weitere wichtige Spur gelten zwei Plastiksackerl mit aus dem Libanon stammender Speisestärke, die in dem Dortmunder Koffer sichergestellt wurden. Laut Ziercke ermittelten die Behörden einen Gewürzhändler, der diese Speisestärketüten im Großraum Essen vornehmlich an libanesische Familien verkauft.

„Wir halten es für möglich, dass Täter Signale mit Blick auf den Nahen Osten setzen wollten“, sagte Ziercke. Klar schein in jedem Fall, dass die beiden mutmaßlichen Täter hochgefährlich sind. Ziercke zeigte sich jedenfalls überzeugt, eine Wiederholungsgefahr sei „durchaus gegeben“. Und auch der deutsche Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) sagte: „Wir müssen leider davon ausgehen, dass die Gefahr einer Wiederholung dieser Anschlagsversuche weiterhin besteht.“

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