D: Entrüstung über Idee von Moslem-Feiertag
Die FDP nannte den Vorschlag am Mittwoch eine „dümmliche Provokation grüner Fundamentalisten“. Die CSU beklagte, die Grünen wollten offenbar die christliche Religion zurückdrängen. Die SPD-Innenexpertin Cornelie Sonntag-Wolgast (SPD), kritisierte, die Idee polarisiere die ausländerpolitische Debatte eher als sie zu versachlichen.
Ströbele rückte unterdessen teilweise von seiner Forderung ab. „Ich will den Christen nichts wegnehmen“, sagte er der „tageszeitung“ (Donnerstagausgabe). Er könne sich aber vorstellen, dass ein muslimischer Feiertag in deutschen Bundesländern mit einem hohen Anteil von Muslimen gefeiert werden könnte – „zum Beispiel in Berlin“. Der ebenfalls grüne Umweltminister Jürgen Trittin dementierte unterdessen Berichte, er unterstütze den Vorschlag eines islamischen Feiertags. Er sei lediglich offen für Diskussionen, „wie an hohen islamischen Feiertagen allen Muslimen Gelegenheit gegeben werden kann, ihre Religion auszuüben, ohne Benachteiligungen etwa am Arbeitsplatz befürchten zu müssen“.
Die Integrationsbeauftragte der rot-grünen Regierung, Marieluise Beck (Grüne), lehnte Ströbeles Vorschlag ebenfalls ab. Religiöse Feiertage würden entsprechen der religiösen Mehrheit in einem Land festgelegt, sagte Beck im Bayerischen Rundfunk. Vernünftig seien hingegen arbeitsrechtliche Regelungen, damit gläubige Muslime an ihren Feiertagen Urlaub nehmen können. Zudem müsse in Schulen und Kindergärten Respekt vor muslimischen und jüdischen Feiertagen vermittelt werden.
CDU-Generalsekretär Laurenz Meyer nannte die Forderung der Grünen eine Provokation. „Niemand würde auf die Idee kommen, in der Türkei Christi Himmelfahrt als Feiertag einzuführen. Wir leben in einer Gesellschaft, die von christlich-abendländischen Vorstellungen geprägt ist. Das müssen die hier lebenden Muslime akzeptieren“, sagte er der „Passauer Neuen Presse“ (Donnerstagausgabe). Ströbele hatte seinen Vorschlag als Reaktion auf den Gewaltausbruch in den Niederlanden gemacht.
Der CSU-Vorsitzende Edmund Stoiber sprach in der „Bild“-Zeitung von einem völlig falschen Signal. Der stellvertretende FDP-Vorsitzende Rainer Brüderle erklärte: „Man kann über Feiertage nicht verhandeln wie auf einem Basar.“ FDP-Generalsekretärin Cornelia Pieper sagte, die Idee sei alles andere als ein positiver Beitrag zu Integration und Toleranz. „Die Grünen beweisen erneut, dass sie keinerlei Gespür dafür haben, in welchem Land sie eigentlich leben.“
Die Landesbischöfin der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannover, Margot Käßmann, sagte zu der Diskussion: „Kollektive Tage braucht das Land“. Der Vorstoß Ströbeles sei „Wahlkampfgerede“. Für wirkliche Integration sei da ein Feiertag nicht hilfreich: „Ich frage mich auch, wohin integrieren, wenn wir nicht wissen, wo die Grundlagen unseres Landes und unserer Kultur sind.“
Bei Moslems stieß die Idee auf positives Echo. Ali Emari, Vorsitzender der Islamischen Gemeinschaft in Hamburg, regte in der „Bild“-Zeitung an, dass die Christen auf den Ostermontag oder Pfingstmontag verzichten könnten. Askar Mahmut, Generalsekretär der Union der Türkisch-Islamischen Kulturvereine in Europa argumentierte in dem Blatt: „Wir Muslime sind ein Teil der Gesellschaft. Wenn man auf Minderheitenrechte Wert legt, ist ein muslimischer Feiertag überfällig.“
57 Prozent der Bundesbürger befürchten hingegen einer Umfrage zufolge religiös motivierte Gewalt wie in den Niederlanden auch in Deutschland. Nur ein Drittel der Bundesbürger (37 Prozent) hält diese Gefahr für niedrig, berichtete die „WirtschaftsWoche“, in deren Auftrag Emnid 1000 Menschen befragt hatte.