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D: Bush und Schröder beenden Eiszeit

Trotz eisiger Temperaturen und dichtem Schneetreiben sollte die Botschaft eindeutig sein: Die Eiszeit zwischen dem amerikanischen Präsidenten und dem deutschen Bundeskanzler ist zu Ende.

George W. Bush und Gerhard Schröder präsentierten eine neue Harmonie im altehrwürdigen Gemäuer des Kurfürstlichen Schlosses in Mainz. Beide Seiten gaben quasi den Startschuss für die „Mission Gemeinsamkeit“, der nach vielen schönen Worten nun Taten folgen müssten. Schröder machte dabei selbstbewusst klar, wie er die Beziehung zu Washington versteht: als Partnerschaft auf Augenhöhe.

Bushs zweiter Deutschland-Besuch begann mit einer ungewöhnlichen Geste des Gastgebers. Schröder höchstpersönlich holte den aus Brüssel kommenden Gast um 09.45 Uhr an der Rhein-Main Air Base Frankfurt von der Präsidentenmaschine „Airforce One“ ab. Der Händedruck war kurz. Beide suchten den Blickkontakt.

Kaum noch Spuren der alten Beklommenheit, die das unterkühlte Verhältnis der Staatsmänner seit dem Irak-Krieg vor zwei Jahren prägte. Es sollten starke Bilder mit Symbolwert werden. Der einstige oberste US-Kriegsherr und der prominenteste europäische Gegner des Irak-Krieges legen nach mehreren Anläufen vor der Weltöffentlichkeit ihre Zwistigkeiten bei.

Die wohltemperierten Lobeshymnen hielten auch beim Mittagessen im Großen Saal des Schlosses an, wo 109 geladene Gäste, darunter auch CDU-Chefin Angela Merkel, an 14 prunkvoll gedeckten Rundtischen Platz genommen hatten. „Wir können keine guten Beziehungen zu Europa haben, wenn wir keine gute Freundschaft zu Deutschland haben. Denn dieses großartige Land ist das Herz Europas“, sagte Bush in texanischer Offenheit. Er bedankte sich bei „Görhard“ und Frau Doris für die Gastfreundschaft.

Der Kanzler wollte nicht zurückstehen. Auch er sprach von enger Freundschaft und Zusammenarbeit, auf die er gerne anstoßen würde, aber in Ermangelung eines gefüllten Glases nicht konnte. Er lobte die Rolle der USA im Nahen Osten und würdigte die Unterstützung für Deutschlands Einheit vor 15 Jahren.

„Heute sind die Vereinigten Staaten und Deutschland gleichberechtigte Freunde, Partner und Verbündete“, sagte Schröder zu seinem Gast, bevor sich beide der vielsagenden Vorspeise „Dialog von Zander und Flusskrebsen mit Törtchen von Rahmkohlrabi an Hannaer Kartoffel-Schnittlauch Emulsion“ widmeten.

„Wir haben uns verständigt, nicht immer darüber zu sprechen, wo wir unterschiedlicher Meinung sind, sondern darüber, wo wir gemeinsamer Auffassung sind“, hatte Schröder zuvor scherzhaft bei der Pressekonferenz gesagt. Er hatte damit fast ein Motto des „Wohlfühl- Gipfels“ formuliert.

Die Hauptakteure konnten nach ihrer fast 90-minütigen Unterredung dann auch wenig Überraschendes verkünden. Zwar vereinbarte man beim Schutz des Weltklimas und bei der Förderung erneuerbarer Energieträger eine stärkere Kooperation. Bei den großen Themen gab es dagegen keine wirklichen Neuigkeiten.

Die Differenzen über das Kyoto-Klimaschutzprotokoll bleiben bestehen. Das gleiche gilt für die unterschiedlichen Positionen über eine Aufhebung des Waffenembargos gegen China. Beim Thema Iran beteuerten zwar beide, Teheran solle auf diplomatischen Wege zur Aufgabe seines Nuklearprogramms bewegt werden. Aber es wurde auch klar, dass Bush eine härtere Gangart wünscht.

Paradoxerweise scheint es ausgerechnet im Irak die größte Übereinstimmung zu geben: Schröder sagte Unterstützung beim Aufbau demokratischer Institutionen zu. Bush akzeptierte, dass Deutschland sich nur begrenzt engagieren will.

Als Bilanz blieb der Eindruck, dass Bushs derzeitige „Good-will-Tour“ durch Europa in erster Linie der politischen Klimaverbesserung dient und deshalb dürfte der Zwischenstopp in Mainz wohl als „Gipfel der netten Gesten“ in Erinnerung bleiben.

Chronik eines Präsidentenbesuchs

Bei seinem ersten Deutschlandbesuch nach seiner Wiederwahl hat US-Präsident George W. Bush am Mittwoch knapp sechs Stunden lang in Mainz politische Gespräche geführt, an einem Essen zu seinen Ehren teilgenommen, mit jungen Deutschen und Amerikanern gesprochen sowie das Gutenberg-Museum besichtigt. Anschließend besuchte er amerikanische Soldaten in Wiesbaden-Erbenheim. Hier Eine Chronik des Besuchs:

  • 09.42 Uhr: Die Präsidentenmaschine „Air Force One“ landet auf der Rhein-Main-Airbase, dem militärischen Teil des Frankfurter Flughafens. US-Präsident George W. Bush, seine Frau Laura und Außenministerin Condoleezza Rice werden von Bundeskanzler Gerhard Schröder, Außenminister Joschka Fischer und dem hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch empfangen.
  • 10.30 Uhr: Begrüßung mit militärischen Ehren im Mainzer Schloss, anschließend ziehen sich Bush und Schröder zum Gespräch zurück.
  • 11:00 Uhr: Laura Bush und Doris Schröder-Köpf besichtigen das Römisch-Germanische Zentralmuseum in einem Seitenflügel des Schlosses, wo sie mit Kinderbuchautoren über das Thema Leseförderung diskutieren.
  • 12.20 Uhr: Bush und Schröder treten vor die Presse. Nach den Worten des Bundeskanzlers haben die beiden Politiker ein „außerordentlich erfolgreiches und außerordentlich freundschaftliches Gespräch“ geführt.
  • 12.55 Uhr: Mit einer Tischrede Schröders beginnt das Mittagessen mit über 100 Gästen im Großen Saal des Mainzer Schlosses. Bush bezeichnet Deutschland in einer Erwiderung als „das Herz Europas“.
  • 14.30 Uhr: Bush und Schröder treffen im Mozartsaal des Schlosses mit 30 ausgewählten jungen Deutschen und Amerikanern zusammen. Laura Bush besucht den Dom.
  • 15.30 Uhr: Gemeinsam mit ihren Frauen besuchen Bush und Schröder das Gutenberg-Museum.
  • 16:30 Uhr: US-Präsident Bush wird von Schröder in Mainz verabschiedet und fährt auf den Luftwaffenstützpunkt Wiesbaden Army Airfield im Stadtteil Erbenheim, wo er amerikanische Soldaten besucht.

US-Präsident Bush aus Deutschland abgeflogen

US-Präsident George W. Bush hat am Mittwochabend Deutschland verlassen. Der Präsident und seine Frau Laura starteten bei dichtem Schneetreiben vom Frankfurter Flughafen Richtung Preßburg.

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