Cyrus hatte seine Mutter schon immer für sich alleine – und wenn es nach ihm geht, soll das auch so weitergehen. Der überreife, intelligente, wenn auch schräge Junge, der in seiner Freizeit skurrile New-Age Musik-komponiert, will Mollys neuen Verehrer daher langsam aber sicher rausekeln. Gibt er sich anfangs noch begeistert von seinem “neuen Dad”, wie er bereits am zweiten Tag scherzt, zeigt er schon bald sein wahres Gesicht. Ein erbitterter Kampf um Mollys Gunst beginnt – bis sich zeigt, dass diesen Kampf keiner gewinnen kann.
Dass Jay und Mark Duplass aus dem Bereich des unabhängigen amerikanischen Kinos kommen, hilft diesem Film, “mehr” zu sein. Mit “Cyrus” entfernen sie sich von ihren bisherigen Mumblecore-Produktionen, die mit wenig Budget und oftmals Laiendarstellern realisiert wurden. Laien finden sich in der Filmbesetzung keinesfalls: Marisa Tomei glänzte zuletzt neben Mickey Rourke in “Der Wrestler”, John C. Reilly ist immer wieder in Produktionen von Komödien-König Judd Apatow zu sehen, darunter in “Die Stiefbrüder”. Abgerundet wird der Cast durch den erst 26-jährigen Jonah Hill, dem Shootingstar der US-Comedies, der in den vergangenen fünf Jahren in beinahe jeder großen Komödie zu sehen war, von “Jungfrau (40), männlich, sucht” bis “Superbad”.
Nicht zuletzt wegen dem originell zusammengestellten Cast ist “Cyrus” keine typische, seichte US-Komödie. Die Duplass-Brüder behalten ihre auf Improvisation setzende Technik bei, machen den Film dadurch noch authentischer, lassen das Zusammenspiel der drei Hauptdarsteller natürlich wirken. Mit ungewöhnlichen Schnitten erzeugen sie eine interessante Dynamik: So springt die Tonebene teilweise bei Gesprächen, wir hören die Figur reden, und sehen bereits, wie die Reaktion des Gegenübers danach ist.
Auch auf der emotionalen Ebene besticht der Streifen durch direkte, ehrliche Dialoge, authentische Charaktere, wunderbar schrägen, offenen Humor – und zahlreiche unangenehme Szenen. Wenn Cyrus seiner Mutter sagt, sie verdiene jemanden, der sie lieben kann, “so wie ich es nicht kann”, zuckt der Kinozuseher schon mal zusammen. Dass die Beziehung der beiden nicht gesund ist, wird schnell klar. Nicht peinlich oder überzogen wird das dargestellt, sondern schrittweise und rührend klargemacht. Die Sympathien liegen klar beim Teddybär-Typen John, der der Richtige ist, dieses Zweiergespann zu trennen und ihnen jenen Abstand voneinander zu verschaffen, den sie dringend brauchen. (Angelika Prawda/APA)