"Clearing" auf Antrag: Neuerungen im Erwachsenenschutz beschlossen

Personen, die nicht mehr voll handlungsfähig sind und eine gerichtliche Erwachsenenvertretung haben (ehemals "Sachwalterschaft") sollen künftig ein Antragsrecht sowie deren Betreuungsumfeld eine Anregungsmöglichkeit erhalten, diese Erwachsenenvertretung zu erneuern. Der Nationalrat sprach sich heute mehrheitlich für das "Erwachsenenschutz-Anpassungsgesetz 2025" aus, durch das die betroffene Person, ihre Vertretung oder Betreuende ein "Clearing" anstoßen können, um die aktuelle Lebenssituation zu überprüfen.
Mehrere Anpassungen im Erwachsenenschutzrecht
Der Gesetzesänderung war vorausgegangen, dass zu den letzten Änderungen im Erwachsenenschutz mit dem Budgetbegleitgesetz 2025 darauf hingewiesen worden war, dass ein etwaiges Rechtsschutzdefizit entstehen könne. Die künftige Antragsmöglichkeit zur Erneuerung der gerichtlichen Erwachsenenvertretung soll zusätzlich zur Möglichkeit des Gerichts, im Verfahren einen Sozialbericht über die betroffene Person einzuholen, eingeführt werden. Zudem soll die Verpflichtung von Rechtsanwält:innen und Notar:innen, gerichtliche Erwachsenenvertretungen zu übernehmen, nur mehr übergangsweise zur Bewältigung der derzeitigen Notlage gelten - die "Sunset Clause" sieht als Frist den 1. Juli 2028 vor. Davor werde es laut Antrag außerdem einer umfassenden Neubewertung des Erwachsenenschutzrechts bedürfen, um weitere Notlagen wie die gegenwärtige zu vermeiden.
Ein dazu eingebrachter gesamtändernder Abänderungsantrag der Grünen fand keine Mehrheit. Darin bemängeln sie, dass durch die Novelle lediglich Teile der durch das Budgetbegleitgesetz bewirkten "Verschlechterungen" zurückgenommen würden. Die Verlängerung der gesetzlichen Überprüfungsfrist von drei auf fünf Jahre und der Entfall des obligatorischen Clearing blieben unberührt. Daher wollen die Grünen mit dem Abänderungsantrag ab 1. Jänner 2026 die Rechtslage vor dem Budgetbegleitgesetz 2025 wiederherstellen und, dass das Justizministerium mit Betroffenen und Selbstvertretern in der bestehenden Arbeitsgruppe "echte nachhaltige Lösungen" sucht.
Grüne und FPÖ kritisieren weiterhin Reform von 2025
Diesem Abänderungsantrag, jedoch nicht der Novelle, stimmten die Freiheitlichen zu. Die Überprüfungsfrist von drei Jahren sei wesentlich gewesen, um Missbrauchsfälle hintanzuhalten, erklärte Harald Stefan (FPÖ). Die Verlängerung auf fünf Jahre sei nicht aus inhaltlichen Gründen, sondern - "auf dem Rücken der Betroffenen" - aus Spargründen erfolgt, da die Bundesregierung nicht in der Lage gewesen sei, "ordentlich zu budgetieren". Daher müssten nun auch die Rechtsanwaltschaft sowie die Notariate "herhalten", so Stefan.
Ralph Schallmeiner (Grüne) schloss sich der Kritik Stefans an und sprach bezüglich des Budgetbegleitgesetzes 2025 von einem "Rückwärtsgang" beim Erwachsenenschutz. Seine Fraktion stimmte der Novelle jedoch zu, da sie Verbesserungen gegenüber dem gegenwärtigen Zustand beinhalte.
Die Bundesregierung sei seit sieben Monaten im Amt und es würden ihr immer wieder Versäumnisse der Vorgängerregierungen vorgeworfen, gab Selma Yildirim (SPÖ) zu bedenken. Fakt sei, dass es immer mehr Menschen mit Vertretungsbedarf gebe, aber immer weniger Personen in deren sozialen Umfeld, die diese Aufgabe übernehmen würden. Daher habe man im Beschluss vor dem Sommer auf die Kanzleien zurückgegriffen. Dabei handle es sich um eine "Notlösung", wie auch Jakob Grüner (ÖVP) zugab. Rechtsanwälte und Rechtsanwältinnen sowie Notare müssten sich nun auch um nicht-juristische Belange kümmern, für die es etwa eine psychologische Ausbildung brauchen würde. Daher sei die "Sunset Clause" eine "gute Lösung", wie auch Elke Hanel- Torsch (SPÖ) und Stephanie Krisper (NEOS) betonten.
Regierung verteidigt Übergangslösung
Justizministerin Anna Sporrer gab zu bedenken, dass die Bunderegierung mit dem Budgetbegleitgesetz 2025 Verantwortung für ein Budgetloch übernommen habe, das sie nicht verursacht habe - "zumindest nicht die Sozialdemokratie". Die darin enthaltenen Maßnahmen hätten jedoch nicht nur finanzielle, sondern auch inhaltliche Gründe. So sei die Verlängerung der Überprüfungsfrist auch daher erfolgt, da es etwa bei Wachkoma-Patienten oder Demenzkranken nicht sinnvoll sei, alle drei Jahre eine mögliche Aufhebung der Erwachsenenvertretung zu überprüfen, erklärte Sporrer. Die nun vorliegende Novelle hebe den Schutzstandard für die Betroffenen an.
(APA/Red)