In einer am Sonntag veröffentlichten Umfrage der Washington Post und des Fernsehsenders ABC zeigten sich 58 Prozent der Befragten unzufrieden mit Bushs Amtsführung. 39 Prozent waren mit dem Präsidenten zufrieden. Am 11. September war der Zuspruch noch bei 42 Prozent gelegen.
In der Plame-Affäre stuften 69 Prozent die Anklagepunkte gegen den Ex-Stabschef von Vizepräsident Dick Cheney, Lewis Libby, als schweres Verbrechen ein. Lediglich 29 Prozent sagten, es handle sich um ein minderschweres oder rein verfahrenstechnisches Vergehen. Gegen Libby war am Freitag in fünf Punkten Anklage erhoben worden: jeweils zwei Mal wegen Meineids und der Behinderung der Justiz sowie in einem Fall wegen Falschaussage. Auf eine Anklage wegen des eigentlichen Vorwurfs der Enttarnung Plames verzichtete Sonderermittler Patrick Fitzgerald, offenbar, weil er dafür nicht genügend Beweismaterial in seiner Hand sah. Im Falle einer Verurteilung drohen Libby bis zu 30 Jahre Haft und eine Geldstrafe von 1,25 Millionen Dollar (1,030 Mio. Euro).
Nach dem Rücktritt Libbys, dem vorgeworfen wird, in dem Skandal um die Enttarnung der Agentin Mitarbeiter der Bundespolizei FBI und eine Große Anklagekammer belogen zu haben, hat dessen Anwalt unterdessen die Grundzüge der möglichen Verteidigung erkennen lassen. Von einem viel beschäftigten und mit wichtigen Aufgaben betrauten Regierungsmitarbeiter wie Libby könne nicht erwartet werden, dass er sich noch an jede Einzelheit eines lange zurückliegenden Gesprächs erinnere.
Libbys Anwalt Joseph Tate erklärte noch am Freitag nach der Anklageerhebung gegen seinen Mandanten und dessen Rücktritt, dieser habe in einer hektischen und für die Regierung arbeitsreichen Zeit seine Pflicht getan. Die Erinnerungen einer Person stimmten bekanntermaßen oft nicht mit denen anderer überein, vor allem, wenn die Ereignisse, zu denen sie befragt würden, Monate zurücklägen. Tate fügte hinzu, Libby habe in einer schwierigen Zeit für das Land fünf Jahre lang sein Bestes gegeben.
Die sich abzeichnende Strategie der Verteidigung, Erinnerungslücken als Ursache für mögliche falsche Angaben heranzuziehen, hat in Washington Tradition. Sie wurde – mit unterschiedlichem Erfolg – in Skandalen von Iran-Contra bis Whitewater angewandt. Im Fall von Iran-Contra hatten sogar mehrere Personen Falschaussagen zugegeben, letztlich musste aber nur einer ins Gefängnis.
US-Präsident George W. Bush reagierte mit Bedauern auf den Rücktritt Libbys. Für ihn gelte die Unschuldsvermutung, und ihm stehe ein fairer Prozess zu, betonte Bush. Libby habe viel geopfert und in außerordentlichen Zeiten in der Geschichte unseres Landes seinen Dienst geleistet.
Die Vorwürfe beziehen sich in allen Anklagepunkten auf Gespräche Libbys mit Journalisten, denen er 2003 die Identität der Agentin verraten haben soll. Das Brisante an dem Fall ist, dass der Ehemann Plames, der ehemalige Botschafter Joseph Wilson, kurz vor der Enttarnung die Darstellung der US-Regierung kritisiert hatte, wonach der Irak versucht haben soll, im Niger Uran zu kaufen. Tatsächlich musste das Weiße Haus später einräumen, dass die fragliche Information Geheimdienst-intern umstritten war und nie in einer Rede von Präsident Bush hätte auftauchen dürfen. Deshalb wurde schon bald spekuliert, die Enttarnung Plames könnte ein Racheakt des Weißen Hauses gewesen sein.
Der Sonderermittler, der den Fall 22 Monate untersuchte, wirft Libby vor, dass er die Unwahrheit gesagt habe, als er erklärte, er habe vom Geheimdienst-Status Plames durch einen anderen Journalisten erfahren. Tatsächlich soll Libby dies von Cheney, CIA-Mitarbeitern und aus dem Außenministerium erfahren haben. Libby sei der erste gewesen, der diese Information an einen Reporter weitergegeben habe, erklärte Fitzgerald. Später habe er darüber die Unwahrheit gesagt.