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CIA hat Lizenz zum Töten

Für die einen stellt es nur einen kleinen, logischen Schritt dar, die anderen sehen darin eine neue Phase im Kampf der USA gegen den internationalen Terrorismus.

Mit einer Liquidierungsliste hat die Regierung von Präsident George W. Bush dem amerikanischen Geheimdienst CIA jetzt mehr Freiräume bei der Jagd nach Terroristen in aller Welt gegeben. Auf der Liste stehen nach amerikanischen Medienberichten die „Schlimmsten der Schlimmsten“:
Osama bin Laden, sein Stellvertreter Aiman Sawahiri und mindestens zwei Dutzend andere international gesuchte Terroristen.

Im Fernsehsender CBS sprach ein Terrorismusexperte von einer ganz neuen Stufe des Kriegs gegen El Kaida. Die Regierung sei damit klar einen Schritt weiter gegangen. Tatsächlich betritt die Regierung damit Neuland. Präsident Bush hatte der CIA bereits unmittelbar nach den Terroranschlägen vom 11. September de facto die Tötung von El-Kaida-Terroristen in Afghanistan erlaubt, doch die „Todesliste“ gibt der CIA nun das Recht, überall auf der Welt Terroristen notfalls zu töten – und dies ohne weitere Rücksprache mit dem Weißen Haus.

Bush höhlte weiter ein von Präsident Jimmy Carter 1978 erlassenes Verbot aus, ausländische Politiker gezielt zu töten. Carter hatte damit auf mehrere Attentate und Attentatsversuche des CIA gegen ungenehme ausländische Politiker reagiert. Aufsehen erregend waren die Versuche, Kubas Staatschef Fidel Castro zu töten. Seit Carters Entscheidung hatten alle Präsidenten das Verbot aufrechterhalten, bis Bush es nach den Terroranschlägen vom 11. September zu lockern begann. Der Präsident stufte die Terroristen einfach als feindliche Kämpfer in seinem Krieg gegen El Kaida ein.

Erste Resultate der neuen Politik waren kürzlich im Jemen zu verzeichnen: Dort tötete die CIA mit einer ferngelenkten Predator-Drohne einen mutmaßlichen El-Kaida-Kommandanten, der in den Anschlag auf das US-Kriegsschiff „Cole“ vor zwei Jahren verwickelt gewesen sein soll. Er war zusammen mit mehreren Begleitern in einem Auto unterwegs, als die Rakete der Drohne in den Wagen einschlug. Bei dem CIA-Angriff starb auch der amerikanische Staatsbürger Kamal Dervis, der von den US-Behörden im Nachhinein ebenfalls zum feindlichen Kämpfer erklärt wurde.

Beobachter sehen in solchen Attacken einen Trend im Kampf der CIA. Zwar sieht Bushs Direktive vor, dass Terroristen nur getötet werden sollen, wenn eine Gefangennahme nicht möglich ist oder zu viele Opfer fordern würde, doch dank moderner Technik ist es heute viel leichter einen Terroristen zu töten als zu fangen. Die unbemannten Predator-Drohnen können aus Tausenden Meilen Entfernung auf ihr Ziel gelenkt werden und feuern dann eine Rakete ab. Für die CIA ist das Gefahrenrisiko dabei gleich Null.

Der einflussreiche demokratische Senator Joseph Biden äußerte seine volle Unterstützung für die neue Politik. Präsident Bush habe keine andere Wahl gehabt, sagte Biden im Fernsehsender CBS. Die Entscheidung sei völlig angemessen: „Das sind feindliche Kämpfer im Krieg, und ich habe keine Probleme damit“, sagte der demokratische Politiker. Mehr Probleme und Kritik erwarten Beobachter dagegen in Ländern, in denen die CIA zuschlägt. Erste Konsequenzen zeigt die neue Direktive auch schon in der Nahostpolitik. Während die US-Regierung anfangs Israel für das gezielte Töten von Palästinensern kritisiert hatte, hält sie sich nun deutlich zurück.

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