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Christoph Schlingensief gestorben

Christoph Schlingensief
Christoph Schlingensief ©AP
Der Theater-  und Filmregisseur Christoph Schlingensief ist tot. Er starb im Alter von 49 Jahren am Samstag in Berlin, wie seine Ehefrau Aino der Nachrichtenagentur dpa bestätigte.

Schlingensief gehörte zu den bedeutendsten Regisseuren der Gegenwart und hat wie nur wenige die deutschsprachige Film- und Theaterwelt beeinflusst. Schlingensief war Anfang 2008 an Lungenkrebs erkrankt. Nach einer Operation ging es ihm zunächst wieder besser.

2009 gehörte der Regisseur auch zur Jury der Internationalen Filmfestspiele in Berlin. Im Mai 2010 inszenierte er das Opernprojekt “Via Intolleranza II” nach Luigi Nono in Brüssel und anderen Orten. Im kommenden Oktober stand eine Inszenierung zur Wiedereröffnung des Berliner Schillertheaters als Ausweichspielstätte von Daniel Barenboims Staatsoper auf seinem Terminkalender. Zuletzt hatte Schlingensiefs überraschende Berufung zur künstlerischen Gestaltung des deutschen Pavillons bei der Biennale in Venedig 2011 Aufsehen erregt. An der Pressekonferenz zur Vorstellung seiner Pläne hatte er Anfang Juli in Frankfurt am Main aber krankheitsbedingt nicht teilnehmen können.

Spektakuläres Debüt als Opernregisseur

In den 1990er Jahren gehörte Schlingensief zu Frank Castorfs Hausregisseuren an der Berliner Volksbühne. Bekannt wurde Schlingensief vor allem mit seinen frühen Filmen “Das deutsche Kettensägenmassaker” (1990), “Terror 2000 – Intensivstation Deutschland” (1992) und der TV-“Talkshow 2000” sowie mit seinen Theaterinszenierungen, Kunstperformances und Installationen wie “100 Jahre CDU”, “Rocky Dutschke, 68”, “Passion Impossible – 7 Tage Notruf für Deutschland” (in Hamburg), und “Hamlet” in Zürich. Von 2004 bis 2007 gab er sein spektakuläres Debüt als Opernregisseur bei den Bayreuther Festspielen mit Richard Wagners “Parsifal”.

In Österreich sorgte er nach der umstrittenen schwarz-blauen Regierungsbildung für Aufsehen, als er im Mai 2000 in Anlehnung an die damals beliebte Fernsehsendung “Big Brother” einen Container mit Asylbewerbern vor der Wiener Staatsoper aufstellen ließ. Die Bewohner wurden gefilmt, die Aufnahmen ins Internet live übertragen. Jeden Tag mussten dann zwei der “Asylwerber” nach einer Internet- und Telefonabstimmung ausscheiden und wurden “abgeschoben”.

Schlingensief inszenierte auch mehrere Male am Wiener Burgtheater. Dort wurde die Todesnachricht am Samstagnachmittag mit Bestürzung aufgenommen. Burgtheater-Sprecherin Konstanze Schäfer sagte, man habe noch auf eine Koproduktion mit den Wiener Festspielen im kommenden Jahr gehofft. “Das war ja das Wichtigste: Daran zu glauben, dass es weitergeht!” Schlingensief sei “einer der angesehensten Künstler” gewesen, “die am Haus gearbeitet haben” Daher sei es keineswegs bloß eine Phrase, wenn sie sage: “Das ganze Burgtheater ist in tiefer Trauer.”

Schlingensief setzte sich in jüngster Zeit vermehrt künstlerisch mit seiner Krebserkrankung auseinander, etwa mit seinen letzten Inszenierungen “Mea Culpa” (sie hatte im März 2009 am Wiener Burgtheater Premiere), “Kirche der Angst” oder “Sterben lernen”. Im Frühjahr 2009 veröffentlichte Schlingensief sein “Tagebuch einer Krebserkrankung”, das große Beachtung gefunden hatte. Der Erscheinungstermin seiner Memoiren wurde kürzlich ohne Angabe von Gründen verschoben. Sie hätten Ende September, rechtzeitig vor dem 50. Geburtstag Schlingensiefs, in die Buchhandlungen kommen sollen.

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