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Christoph Maria Herbst findet Stromberg "sehr österreichisch"

Christoph Maria Herbst beim Interview.
Christoph Maria Herbst beim Interview. ©APA
Mit der Fernsehfigur Stromberg hat Schauspieler Christoph Maria Herbst nun auch den Sprung auf die Kinoleinwand geschafft. Er findet, dass der Charakter, den er kreiert hat "sehr österreichisch" ist.
Trailer & Kritik zum Film
Christoph Maria Herbst im Interview

Nach zehn Jahren und fünf erfolgreichen Staffeln verabschiedet sich Stromberg, der große Antiheld des Büroalltags, nun mit einem Kinofilm, der am Freitag in Österreich startet. Im Interview sprach Christoph Maria Herbst aus gegebenem Anlass über Fleischmützen am Kopf, die Frage, ob er sich ein Weiterleben seiner Figur Bernd Stromberg vorstellen kann und darüber, dass ihm keine Prügel mehr auf der Straße angedroht werden.

Interview mit Christoph Maria Herbst

Bernd Stromberg als Figur gibt es seit zehn Jahren – und doch hat sie sich immer wieder stark verändert…

Christoph Maria Herbst: Das war immer mein Interesse. 40 Jahre lang Derrick spielen, bei dem sich nichts verändert, außer dass die Tränensäcke immer tiefer hingen, das wäre nichts für mich gewesen. Ich wundere mich, was wir mit der Figur alles haben treiben können, und die Fans haben uns dennoch begleitet. Angefangen hat alles vor zehn Jahren in einem schimmeligen Büro und nun scheint der Bernd eine Politikkarriere im Herzen Europas vor sich zu haben. Wer hätte das gedacht?

Sie haben nun das erste Mal die Erfahrung mit derselben Figur auf der großen Leinwand und im Fernsehen gemacht. War der Druck fürs Kino größer?

Herbst: Ob ich für die Film- oder die Fernsehkamera arbeite, das ist für mich erstmal das Gleiche: Ich bereite mich akribisch vor und versuche mit großer Ernsthaftigkeit, das zu bestreiten, was ich dort mache. Ich habe den feinstofflich vorhandenen Druck bei “Stromberg. Der Film” eigentlich auch nicht verspürt, obwohl der natürlich vorhanden war, da uns die Fans mit ihrer Crowdfunding-Aktion ja gleichsam ins Kino gebracht haben. Aber im Umkehrschluss hätte das für mich geheißen, dass ich fürs Fernsehen Dienst nach Vorschrift mache, was nie meine Haltung war. Der Einzige, der Druck verspürt hat, war unser Autor Ralf Husmann, der sich tatsächlich erst ans Drehbuch gesetzt hat, als wir die noch fehlende Million mittels Crowdfunding zusammen hatten. So krank ist er – und Gott sei Dank, sonst würde er nicht so geniale Bücher schreiben!

Wie genau sind die Details Ihrer Rolle im Drehbuch festgeschrieben? Wie weit können Sie bei Bernd Stromberg improvisieren?

Herbst: Die Bücher sind so toll geschrieben, dass wir gar nicht improvisieren mussten, denn meistens waren unsere Improvisationen schlechter als das, was Husmann schon geschrieben hatte. Er hat mittlerweile jedes Äh und Öh in die Bücher hineingehäkelt. Alles stand dort so, wie man auch wirklich spricht. Die am häufigsten gestellte Frage von Fans ist: Wo nehmen Sie die Sprüche her? Und ich kann nur sagen: Ich lerne die auswendig wie lateinische Vokabeln. Und am nächsten Tag ist auch alles wieder aus dem Kurzzeitgedächtnis gelöscht, weil neue Texte anstehen.

Wie wichtig ist für Sie beim “Stromberg” die markante Optik Ihres Charakters?

Herbst: Ich will ja nicht meine Haut zu Markte tragen, sondern die der Figur, die ich spiele. Als ich das erste Drehbuch gelesen habe, visualisierte sich Bernd Stromberg bei mir gleich mit dieser Fratze: Halbglatze, Haarkranz und Klobrillenbart. Dass ich mir dafür oben eine Fleischmütze rasieren muss, das hat dann irgendwann auch der Produzent eingesehen. Dass Stromberg dadurch etwas aussieht wie Lenin, war Zufall.

Haben Sie Angst, dass Sie dieses Label Stromberg, das Sie erschaffen haben, nie mehr loswerden?

Herbst: Da gibt es ja Medikamente – die ich aber Gott sei Dank nicht nehmen muss (lacht). Der Stromberg hat mir mehr Türen geöffnet als er verschlossen hätte. Wenn man Serie macht, muss man natürlich immer mit einem Stempel leben. Aber ich habe immer noch das Gefühl, dass ich die Zügel in der Hand halte und nicht Bernd Stromberg. Und mittlerweile weiß man auch, dass das eine Rolle ist, die ich spiele. Das war allerdings nicht immer so: Nach der Ausstrahlung der ersten Staffel wurden mir auf der Straße mindestens dreimal Prügel angeboten, die ich immer dankbar abgelehnt habe. Die Menschen glaubten tatsächlich, “Stromberg” ist eine Dokumentation! Ich habe das dann aber mit der mir eigenen Fantasie als Kompliment abgehakt – solange man nicht mit gebrochenem Unterkiefer im Krankenhaus liegt.

Ist “Stromberg” für Sie typisch deutscher Humor?

Herbst: Ich finde, er ist auch sehr österreichisch! Ich habe mir “Braunschlag” sehr gerne angeschaut. Ich habe zwar nicht alles verstanden, aber das, was ich verstanden habe, da sehe ich eine große Artverwandtschaft. Ich befürchte, Stromberg ist leider sehr universell. Ich glaube nicht, dass wir hier einen typisch deutschen Männertyp aufgeblättert haben, sondern den Menschen an sich.

Hat “Stromberg” etwas am deutschen Fernsehen verändert?

Herbst: Nein. Es ist nach wie vor leider alles sehr angstgetrieben. Wir hatten mit ProSieben einfach Glück, einen Sender mit Steherqualitäten zu haben, auch wenn die Quoten nicht der Hammer waren. Da würde heute eine Serie vermutlich viel früher abgesetzt. Es gibt Ausnahmen wie den “Tatortreiniger” – aber ich glaube nicht, dass “Stromberg” wirklich etwas ausgelöst hat. Ich möchte da immer gern das Hohelied der Kreativität anstimmen und sagen: Traut Euch etwas!

Zugleich hört man erste Andeutungen, dass es mit der Figur Stromberg auch nach dem Kinofilm weitergehen könnte. Wäre das für Sie denkbar?

Herbst: Ich glaube, dass wir auf die bestmögliche Weise den Sack mit dem Kinofilm zugemacht haben. Was soll danach noch kommen, auch wenn wir mit einer Art Cliffhanger von Stromberg in der SPD enden? Aber Stromberg in der Politik: Will man das sehen? Dann wird es doch noch depressiver. Außerdem gibt es in der Politik schon genügend Strombergs. Ich müsste im Fall der Fälle noch mal ganz neu in mich reinhorchen, zumal mir der Abschied schwergefallen ist. Aber eigentlich ist es jetzt zu Ende. Wenn es am schönsten ist, soll man aufhören – da ist schon was dran. (APA)

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