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Chile: Etappensieg im Verfahren gegen Pinochet

Im Verfahren gegen den ehemaligen Diktator Augusto Pinochet konnte ein Etappensieg erzielt werden: Nach wochenlangem Tauziehen konnte Pinochet in seiner Residenz in der Hauptstadt Santiago zur berüchtigten „Operation Condor“ vernommen werden.

Der müde wirkende Pinochet beantwortete nur sechs der vorbereiteten 14 Fragen, bekannte sich aber unschuldig.

Nach rund 45 Minuten verließ der Richter eskortiert von der Polizei das Anwesen. Bei der „Operation Condor“ wurden im Auftrag südamerikanischer Militärmachthaber weltweit mutmaßlich hunderte Oppositionelle getötet. Nach der Vernehmung Pinochets ordnete der Untersuchungsrichter laut der spanischen Nachrichtenagentur EFE eine ärztliche Untersuchung des Ex-Diktators an. „Je früher sie durchgeführt wird desto besser“, sagte Guzman, der danach entscheiden wird, ob es eine Anklage wegen der Verantwortung für Verbrechen chilenischer Geheimagenten im Zuge der „Operation Condor“ geben wird.

Pinochet hatte früher behauptet, von den Einzelheiten der „Aktion Condor“ nichts gewusst zu haben. Der damalige Leiter der Geheimpolizei DINA, Manuel Contreras, hatte jedoch wiederholt ausgesagt, Pinochet täglich über alle wichtigen Ereignisse informiert zu haben.

Das Oberste Gericht Chiles hatte in dieser Sache im August die Aufhebung von Pinochets Immunität bestätigt und damit den Weg für einen möglichen Prozess freigemacht. „Von Montag an werden wir fordern, dass Pinochet verhaftet und vor Gericht gestellt wird“, sagte ein Anwalt der Zivilkläger, Eduardo Contreras. Die Anwälte des früheren Diktators hatten mehrfach einen Aufschub der Vernehmung durch den Untersuchungsrichter erreicht, indem sie Guzman Befangenheit vorwarfen und eine weitere ärztliche Untersuchung ihres 88-jährigen Mandaten vor einer Aussage verlangten. Mitte September hatte ein Berufungsgericht Guzman jedoch in seinem Amt als Untersuchungsrichter bestätigt.

Der Richter versucht seit 1998, Pinochet unter anderem wegen Völkermordes den Prozess zu machen. Das Oberste Gericht Chiles hatte ein anderes Verfahren gegen Pinochet im Juli 2002 eingestellt und sich dabei auf ein umstrittenes ärztliches Gutachten gestützt. Dieses bescheinigte Pinochet eine „leichte Altersdemenz“, auf Grund derer eine hinreichende Verteidigung vor Gericht nicht möglich sei.

Guzman sagte am Samstag nach der Vernehmung, er habe noch weitere Fragen an Pinochet gehabt. Da dieser aber sehr erschöpft gewesen sei, habe er die Vernehmung beendet. Aus dem Umkreis des Richters verlautete, dieser habe bereits medizinische und psychiatrische Gutachten angeordnet, um eine Prozessfähigkeit Pinochets festzustellen.

Bei der „Operation Condor“, die im Auftrag der Machthaber in Argentinien, Bolivien, Brasilien, Chile, Paraguay und Uruguay ausgeführt wurde, töteten Agenten in den 70-er und 80-er Jahren weltweit mutmaßlich mehr als 200 Oppositionelle.

Pinochet regierte Chile nach einem Militärputsch von 1973 bis 1990. Darunter waren auch 19 Chilenen. Während seiner Diktatur wurden rund 3000 Menschen ermordet oder verschwanden in Polizei- oder Militärgewahrsam.

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