„Eine Untersuchung darf nicht die laufenden Bemühungen behindern, den nächsten Anschlag zu verhindern“, sagte Cheney in der Nacht zum Freitag in New York. „Denn zweifellos gibt es weiterhin die sehr ernste Gefahr eines neuen, vielleicht noch schlimmeren Angriffs.“ Spekulationen darüber, ob die Anschläge hätten verhindert werden können, seien „durch und durch verantwortungslos und Spitzenpolitikern einer Nation in Kriegszeiten völlig unwürdig“, sagte er.
Vertreter des Kongresses – insbesondere Demokraten – haben in den vergangenen Tagen Aufklärung darüber verlangt, ob die Anschläge auf das World Trade Center in New York und das Verteidigungsministerium bei Washington bei korrekter Auswertung und Weiterleitung von Geheimdienstinformationen hätten verhindert werden können. Das US-Präsidialamt hat eingeräumt, dass es Hinweise auf verstärkte Gefahren durch Terroristen seit Mai vergangenen Jahres und den Sommer über gegeben habe.
Unterdessen berichtete der Sender NBC am Donnerstag unter Berufung auf ausländische und US-Quellen, zwei Tage vor den Terroranschlägen am 11. September sei US-Präsident George W. Bush ein Plan zur Vernichtung der mutmaßlichen Terrororganisation El Kaida vorgelegt worden. Bush habe jedoch keine Zeit gehabt, die „Präsidenten-Direktive zur nationalen Sicherheit“ zur Kenntnis zu nehmen oder zu unterzeichnen. Der Plan habe einen Großeinsatz gegen El Kaida an mehreren Fronten in rund 60 Staaten sowie das Einfrieren von Guthaben weltweit vorgesehen. Außerdem sollten die Taliban in Afghanistan demnach zur Auslieferung von El-Kaida-Chef Osama bin Laden an die USA gezwungen werden.
Trotz Geheimdiensthinweisen auf mögliche Flugzeugentführungen in den USA sind nach Angaben von Gewerkschaften und Airportbetreibern die Sicherheitsmaßnahmen vor dem 11. September nicht gezielt verstärkt worden. Die Luftfahrtbehörden erklärten, sie hätten die Fluggesellschaften gewarnt, die Informationen seien jedoch zu vage gewesen, um Verschärfungen durchzusetzen.
Die Fluggesellschaft Amercian Airlines erklärte am Donnerstag, sie habe vor dem 11. September „keine spezifischen Informationen“ über mögliche Entführungen erhalten. Es habe zwar regelmäßige Sicherheitshinweise der Luftfahrtbehörden gegeben, diese seien jedoch sehr allgemein gehalten gewesen. United Airlines bestätigte diese Angaben. “2001 gab es keine Warnungen oder Hinweise, die vermuten ließen, dass ein Szenario wie am 11. September vorstellbar oder möglich sein könnte“, sagte Sprecher Joe Hopkins.
Das Weiße Haus hatte am Mittwoch eingeräumt, dass Präsident Bush bereits vor dem 11. September vor möglichen Flugzeugentführungen gewarnt worden war. Flughäfen und Fluggesellschaften seien informiert worden, sagte Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice. Es habe aber keine Hinweise auf bestimmte Ziele oder einen Zeitpunkt gegeben.