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CH: Presse reagiert erleichtert

Die Schweizer Presse hat mit Erleichterung auf den Durchbruch bei der zweiten Tranche der bilateralen Verhandlungen zwischen Bern und der EU reagiert.

Bei den Verhandlungen ging es unter anderem um die Zinsbesteuerung sowie den Beitritt der Schweiz zum Schengen-Raum (Kooperation in den Bereichen Justiz und Inneres).

Die Verhandlungstaktik der Schweizer erntet Lob. Allerdings sehen die meisten Kommentatoren das Ende des bilateralen Wegs näher kommen. „Das Wohlwollen schwindet“, schreibt der „Tages-Anzeiger“. Die Kommentatorin der „Basler Zeitung“ mahnt, dass der Schweiz in Zukunft ein „Ass“ wie das für die EU wichtige Dossier „Zinsbesteuerung“ fehlen könnte: „Dann können auch die geschicktesten Schweizer Unterhändler das Blatt nicht mehr wenden.“

Lediglich die „Neue Zürcher Zeitung“ sieht im bevorstehenden Abschluss der Bilateralen II einen Beleg für „die Anpassungs- und Ausbaufähigkeit des Bilateralismus“. Es könne gelingen, auf dem bilateralen Weg mit der Dynamik der EU Schritt zu halten. Dabei windet die „NZZ“ dem Bundesrat (Regierung) und dem Chefunterhändler ein Kränzchen: Sie hätten eine gehörige Portion Weitsicht und Hartnäckigkeit bewiesen. Auch die Kommentatorin der „Basler Zeitung“ lobt gute Verhandlungstaktik der Schweiz.

Die Presse der Romandie kommentiert skeptischer und schreibt von einem „provisorischen Sieg“ und von „Ermattung“. Mehrere Kommentatoren bezweifeln, dass der bilaterale Weg für die Schweiz auf Dauer gangbar ist. Auch die nun erreichte Lösung bei den Bilateralen II stößt auf Kritik. „Das Ende dieses langen Weges ist nicht glorreich“, schreibt die Waadtländer Zeitung “24heures“: „Einmal mehr ging es bloß ums Geld.“ Die Zusammenarbeit mit der EU richte sich nur an Finanzen aus, nicht an Visionen. Die Schweiz werde so ihr Image als „Rosinenpicker“ nicht los.

„Gut gespielt“, titeln die „Mittelland Zeitung“ und die „Neue Luzerner Zeitung“, die einen Kommentar des gleichen Autors wie die „Südostschweiz“ abdrucken. Diesmal sei EU-Recht in Bern gemacht worden, nicht umgekehrt. Die Schweiz habe alles bekommen, was sie wollte. „Der Bund“ spricht von einem „spektakulären Erfolg für die Schweizer Diplomatie“. Die Schweiz habe „knüppelhart und nervenstark“ verhandelt.

Für das „St. Galler Tagblatt“ müssen nun vor allem innenpolitisch noch einige Steine aus dem Weg geräumt werden. Es werde nicht einfach, die Bevölkerung von den Vorteilen des Abkommens zu überzeugen. „Schwierig dürfte dies inbesondere beim Beitritt zu Schengen werden“. Der „Blick“ sieht wegen des Schengen-Dossiers gar das Kollegialitätsprinzip im Bundesrat auf die Probe gestellt. Für Justizminister Blocher schlage nun „die Stunde der Wahrheit“. Als erklärter Schengen-Gegner müsse er plötzlich Schengen vor dem Volk vertreten.

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