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CH: Hürden für EU-Warenverkehr abbauen

Der Schweizer Bundesrat will die hohen Preise in der Schweiz herunter holen. Der Schweizer Markt soll grundsätzlich für Produkte geöffnet werden, die in der EU frei zirkulieren können.

Dies entspricht dem so genannten Cassis-de-Dijon-Prinzip. Der Entscheid, das Cassis-Prinzip anzuwenden, öffne den schweizerischen Binnenmarkt, sagte Aymo Brunetti, Leiter der Direktion für Wirtschaftspolitik im Staatssekretariat für Wirtschaft (seco), am Mittwoch vor den Medien in Bern. Importkonkurrenz sei ein starker Wettbewerbs- und Wachstumsmotor.

Von der einseitigen Einführung des Cassis-Prinzips ohne Gegenrecht der EU werde ein Milliardenmarkt betroffen, dessen Öffnung in beiderseitigem Interesse liege, sagte Brunetti. Dies sei im Saldo für die schweizerische Exportindustrie gut. Der Effekt auf die Hochpreisinsel Schweiz sei aber schwierig zu beziffern.

Das Cassis-Prinzip geht auf einen Streit über die Vermarktung des französischen Likörs in Deutschland zurück. Heute gilt, dass aus einem anderen Mitgliedstaat importierte Produkte, die nach den nationalen Vorschriften des Exportlandes hergestellt wurden, grundsätzlich überall in der EU in Verkehr gesetzt werden dürfen.

Beschränkungen sind nur zulässig, soweit sie – wie in der Schweiz – aus übergeordneten öffentlichen Interessen wie beispielsweise dem Schutz der Gesundheit, dem Schutz von Treu und Glauben im Geschäftsverkehr oder dem Schutz der Konsumenten zwingend erforderlich sind.

Im Verhältnis zur EU zielte die bisherige Strategie des Bundesrates darauf ab, die Handelshemmnisse durch eine Harmonisierung der schweizerischen Produktevorschriften mit dem EU- Recht abzubauen und den Zugang schweizerischer Produkte zum EU- Markt vertraglich abzusichern.

Dies ist laut seco insbesondere in jenen Bereichen von zentraler Bedeutung, für welche das EU-Recht eine Konformitätsbewertung der Produkte durch eine unabhängige Drittstelle oder eine behördliche Zulassung vorschreibt. Im Interesse der Exportwirtschaft will der Bundesrat auch in Zukunft Lösungen auf Gegenseitigkeit anstreben.

Wo dies nicht möglich ist, ist der Bundesrat bereit, künftig für Produkte, die in der EU frei zirkulieren, auch den schweizerischen Markt zu öffnen. Dies gilt für all jene Produkte, für die es auf EU- Ebene keine harmonisierten Vorschriften gibt oder für welche die Schweiz ihre Vorschriften noch nicht europäisiert hat.

Dies würde für Lebensmittel und Bauprodukte gelten, für welche die Vorschriften in der EU nicht vollständig harmonisiert sind, nicht aber für patentgeschützte Medikamente, sagte Brunetti. Es gälte auch für Fahrräder oder Textilien, für die in der EG nur Vorschriften auf Ebene der einzelnen Mitgliedstaaten bestehen.

Der Bundesrat ist bereit, eine Motion von Ständerat Hans Hess (FDP/OW) zur Umsetzung des Cassis-Prinzips zu erfüllen, die eine Ergänzung des Bundesgesetzes über die technischen Handelshemmnisse (THG) verlangt. Er will so seine bisherige Strategie durch ein zusätzliches Instrument ergänzen.

Von der Anwendung des Prinzips im Warenverkehr zwischen der Schweiz und der EU verspricht sich der Bundesrat eine Belebung des Wettbewerbs im Inland sowie eine Senkung der Kosten für die Unternehmen und der Konsumentenpreise. Gleichzeitig werde die Wirkung des bereits revidierten Kartellgesetzes verstärkt. Das seco wird nun eine Gesetzesvorlage zur Revision des THG ausarbeiten.

Der EU-Kommissar für Binnenmarkt, Charlie McCreevy, begrüßt den Entscheid des Bundesrates sehr, wie seine Sprecherin in Brüssel sagte. Es werde eine „Win-Win-Situation“ für Schweizer Unternehmen wie auch für Unternehmen der EU geschaffen.

Auch in der Schweiz wird die Absichtserklärung des Bundesrats grundsätzlich begrüßt. Preisüberwacher Rudolf Strahm geht indes ebenso wie die Stiftung für Konsumentenschutz (SKS) davon aus, dass es noch einige Zeit dauern wird, bis es soweit ist. „Der Teufel liegt im Detail“, sagte Strahm.

Auch der Wirtschaftsdachverband economiesuisse sieht Probleme eher bei den Ausnahmen, so etwa bei fetthaltigen Lebensmitteln, der Deklaration von Handy-Strahlung oder bei der Preisbeschriftung.

Ansonsten erlaubten bereits die bestehenden Gesetze den Import von EU-Produkten. Dort sei der Grundsatz der Anerkennung gleichwertiger ausländischer Vorschriften bereits festgehalten. Es gelte, diese Möglichkeiten offensiver und konstruktiver zu nutzen.

Auch die Bio-Bauernorganisation Bio Suisse hat grundsätzlich nichts gegen die Einführung des Cassis-Prinzips. Sie verlangt aber spezielle Garantien für sensible Güter wie Milch und Fleisch.

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