Causa Buwog: Grasser geht nach OGH-Urteil zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte

In Österreich stehen Grasser und Meischberger keine weiteren Rechtsmittel mehr zur Verfügung, den Betroffenen bleibt jedoch der Weg zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR). Beide kündigten nach der Entscheidung des OGH an, eine Beschwerde beim EGMR einzureichen.
Grassers geht nach OGH-Urteil zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte: Fragen und Antworten
Was ist der EGMR?
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte wurde 1959 in Straßburg von den Mitgliedstaaten des Europarats errichtet. Er soll die Einhaltung der Europäischen Menschenrechtskonvention sicherstellen, die unter anderem das "Recht auf ein faires Verfahren" garantieren soll, und kann gegebenenfalls Europarat-Staaten rechtlich-bindend verurteilen. Zu den 46 Mitgliedsländern zählen alle 27 EU-Staaten - also auch Österreich. Der EGMR zählt entsprechend der Zahl der Mitglieder zurzeit 46 Richterinnen und Richter.
Wer kann sich an den EGMR richten und wie läuft das ab?
Sobald alle Berufungsmöglichkeiten auf nationaler Ebene ausgeschöpft sind, kann sich jede Einzelperson gegen jeden der 46 Mitgliedstaaten an den EGMR richten. Grasser und Meischberger sind der Ansicht, das Gerichtsverfahren in Österreich sei "nicht fair" gewesen und deshalb seien ihre Menschenrechte verletzt worden. Sie kritisieren die lange Ermittlungs- und Verfahrensdauer von knapp 16 Jahren sowie die Richterin des Erstgerichts, Marion Hohenecker, als befangen. Die Beschwerde muss beim EGMR innerhalb von vier Monaten nach der letzten nationalen Entscheidung eingelegt werden.
Wie lange dauern die Verfahren beim EGMR in der Regel?
Der EGMR erklärt, es sei "unmöglich" pauschale Angaben über die Länge eines Verfahrens abzugeben. Allerdings sei er bemüht, sich innerhalb von drei Jahren mit einer Beschwerde zu befassen, heißt es auf seiner Homepage. Pro Jahr würden mehr als 50.000 Beschwerden eintreffen. Erfahrungsgemäß dauern die Verfahren, insbesondere wenn sie komplex sind, mehrere Jahre. Grasser und Meischberger müssen demnächst ihre mehrjährigen Haftstrafen antreten, der EGMR wird sich nicht rechtzeitig mit der Materie befassen können. Der Gang zum EGMR hat keine haftaufschiebende Wirkung.
Kann der EGMR Haftstrafen verhindern?
Nein. Stellt der EGMR aber eine Verletzung der Europäischen Menschenrechtskonvention fest, kann er den betroffenen Staat dazu verpflichten, geeignete Maßnahmen zur Wiedergutmachung zu ergreifen. Dabei handelt es sich in der Regel um eine finanzielle Entschädigung für den Betroffenen oder der Staat muss das Verfahren auf nationaler Ebene - sofern nach nationalem Recht möglich - wieder aufnehmen. Die vom EGMR gefällten Urteile sind für die betroffenen Staaten - in dem Fall Österreich - rechtlich bindend.
(APA/Red)