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Caritas warnt: Österreich droht "Pflege-Katastrophe"

Landau sieht die Regierung in Sachen Pflegereform gefordert.
Landau sieht die Regierung in Sachen Pflegereform gefordert. ©APA/HANS PUNZ
Caritas-Präsident Michael Landau betonte erneut die Herausforderungen in der Pflege und Sozialbetreuung und forderte zugleich eine umfangreiche Ausbildungsoffensive von der Regierung.
Pflege als "Top-Thema"
So viele Pflegekräfte fehlen

Die Caritas hat am Donnerstag einmal mehr eine Attraktivierung der Pflegeberufe gefordert. "Wenn die Politik nicht endlich geschlossen und entschlossen handelt, dann bewegen wir uns von einer Pflegekrise auf eine Pflegekatastrophe zu", fand Caritas-Präsident Michael Landau auf einer Pressekonferenz drastische Worte. Es brauche - österreichweit einheitlich - eine kostenlose Ausbildung, einen monatlichen Bonus für alle Auszubildenden sowie einen Bonus für die Praxisanleitung.

Kritik kam auch von der Gewerkschaft und der Volkshilfe. Sozialminister Johannes Rauch (Grüne) kündigte an, die Pflege-Reform noch vor dem Sommer vorzulegen.

Appell an Gesundheitsminister zu einheitlicher Ausbildungsoffensive

Landau forderte eine "Ausbildungsoffensive, die ihren Namen verdient und die den Fleckerlteppich gerade in der Ausbildung beseitigen kann". Gefordert sieht der Caritas-Präsident Sozialminister Johannes Rauch (Grüne): "Ich hoffe und ich wünsche, dass Minister Rauch derjenige sein wird, der vom Reden ins Tun kommt", sagte Landau mit Verweis darauf, dass es im Pflege-Bereich seit mittlerweile 16 Jahren Reform-Ankündigungen gibt. "Wir müssen jetzt handeln, sonst ist es zu spät."

Diejenigen Menschen, die sich für Pflege-und Sozialberufe interessieren, müssten der Gesellschaft auch etwas wert sein, betonte Landau. Einmal mehr erinnerte er daran, dass laut Berechnungen bis zum Jahr 2030 rund 100.000 Betreuungskräfte fehlen werden.

Kostenlose Ausbildungen im Pflege- und Sozialbereich gefordert

Um dem entgegenzuwirken, sollen sämtliche Ausbildungen im Pflege- und Sozialbereich bundesweit für die Auszubildenden kostenlos werden - sowohl in Fachhochschulen, Schulen für Sozialbetreuungsberufe oder sonstige Kurse, so die Caritas-Forderung. Diese Kosten seien für die Job-Interessierten eine "wesentliche Hürde". Die Ausgaben für die öffentliche Hand wären hingegen mit circa 11,3 Mio. Euro pro Jahr "überschaubar", der Nutzen aber groß.

Landau will Bonus für Auszubildende

Darüber hinaus müsse es einen finanziellen Bonus für die Auszubildenden geben - und zwar gestaffelt nach deren Lebenssituation, so Landau. Konkret sieht das Caritas-Modell einen Bonus von 500 Euro pro Monat für alle in Ausbildung vor. Für Um- und Quereinsteiger soll es 1.000 Euro geben, im Fall von Unterhaltspflichten 1.500 Euro. Einen Bonus will die Caritas auch für die Praxisanleitung: Um deren Qualität hoch zu halten, soll den Trägern ein Bonus von 180 Euro pro Praktikumsmonat und Auszubildender zugestanden werden.

Kosten für Ausbildungsoffensive bei 193,7 Millionen Euro pro Jahr

Die Kosten für die von der Caritas vorgeschlagenen Ausbildungs-Offensive bezifferte Landau mit insgesamt 193,7 Millionen Euro pro Jahr. Die genannten Rahmenbedingungen würden es ermöglichen, die Lebenshaltungskosten zu decken, betonte er. Darüber hinaus würde dies auch jene Wertschätzung zum Ausdruck bringen, die die Betroffenen auch verdienen. Gefordert wurde von Landau auch finanzielle Unterstützung der Bundesregierung für Infrastrukturinvestitionen im Ausbildungssektor. Die Caritas-Schulträger rechnen laut der NGO mit einer Summe von 150 Mio. Euro.

Hingewiesen wurde von der Caritas am Donnerstag auch auf das Berufsbild der Sozialbetreuung. Diese Beziehungsarbeit ergänze die Pflege: Die Sozialbetreuer und Sozialbetreuerinnen begleiten jene Menschen, die aufgrund von Einschränkungen nicht im vollen Umfang am gesellschaftlichen Leben teilnehmen können. Informationen zu den Ausbildungen findet man unter www.caritas-schulen.at.

Gewerkschaft und Volkshilfe kritsieren "Stillstand" bei Pflegereform

Kritik an der Bundesregierung wegen "des seit Jahren anhaltenden Stillstands in der Pflegereform" übten am Donnerstag auch die Gewerkschaft vida und die Volkshilfe. Die Bedingungen müssten sowohl für die zu pflegenden und zu betreuenden Menschen als auch für die Beschäftigten "dringend verbessert werden", sonst drohe das System zu kollabieren - ein Pflegenotstand würde eintreten, erklärten vida-Vorsitzender Roman Hebenstreit und Volkshilfe-Direktor Erich Fenninger in einer Aussendung.

Auch sie forderten, dass "massiv mehr finanzielle Mittel und bezahlte Ausbildungsmöglichkeiten für die Beschäftigten zur Verfügung gestellt werden". Nicht zuletzt bedürfe es auch angesichts der explodierenden Teuerung dringend mehr Wertschätzung in Form besserer existenzsichernder Ausbildungs- und Entlohnungsbedingungen für die Pflege-, Betreuungs- und Sozialberufe, forderten Hebenstreit und Fenninger bei der Tagung "Lehren aus der Pandemie für Pflege und Betreuung" in Wien. Es sei ihm "völlig unverständlich, dass die Politik noch immer nicht reagiert", so Fenninger.

Rauch will Reform noch vor dem Sommer vorlegen

Gesundheitsminister Rauch sagte zu den Forderungen, er sei bei der Pflege-Reform in der "Endphase der Verhandlungen" - "soviel kann ich verraten, das wird vor dem Sommer noch präsentiert werden". Und er gehe davon aus, "dass auch die Caritas dann sagen wird, 'das ist die Reform, auf die wir gewartet haben'". Denn er habe "enorm viel Arbeit hineingelegt, das jetzt auch auf den Boden zu bekommen", sagte er am Rande einer Pressekonferenz in Wien.

Details konnte Rauch zwar keine nennen, betonte aber, dass die Ausbildung ein wesentlicher Punkt sein werde: "Mehr Menschen in Ausbildung zu bringen wird eine zentrale Aufgabe sein - dafür wird es Geld brauchen und auch geben." Mindestens genauso wichtig sei es aber auch, all jene, die bereits jetzt im Pflegebereich tätig sind, auch dort zu halten. Gerade die Erfahrung aus den Pandemie-Jahren habe gezeigt, dass es viele in diesem Sektor Tätige gibt, die überlegen, "den Job zu lassen" - weil er gerade während der Pandemie extrem anstrengend und fordernd" gewesen sei, wie er mit Blick auf zahlreiche Corona-bedingte Ausfälle sagte. "Die Arbeitsbedingungen zu verbessern ist das Gebot der Stunde." Dies habe mit Bezahlung zu tun, "aber nicht nur" - auch Dienstpläne müssten wieder "halten", so Rauch.

(APA/Red)

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