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Cannabishandel von Spanien nach Wien: Prozess wurde vertagt

Der Prozess wurde am Donnerstag vertagt.
Der Prozess wurde am Donnerstag vertagt. ©APA (Symbolbild)
Der Prozess um einen besonders spektakulären Fall von Drogendeals zwischen Spanien und Österreich startete am Donnerstag.

Im Wiener Straflandesgericht ist am Donnerstag der Prozess gegen einen 59-jährigen Mann eröffnet worden, der gemeinsam mit seinem bereits abgeurteilten Zwillingsbruder einen einträglichen Cannabishandel aufgezogen haben soll. Der Angeklagte hatte zuletzt im spanischen Jerez de la Frontera gelebt und soll zwischen 2004 und Oktober 2015 zumindest 660 Kilogramm Cannabis nach Wien geschafft haben.

Der Mann bekannte sich großteils “nicht schuldig”. Während sein Bruder schon vor einiger Zeit wegen Drogenhandels zu einer sechsjährigen Freiheitsstrafe verurteilt wurde, musste das Verfahren gegen ihn zunächst mangels an Beweisen eingestellt werden. Dann packte jedoch ein in die Geschäfte der beiden verwickelter Mittäter aus, der den 59-Jährigen massiv belastete. Dieser wurde daraufhin mit richterlicher Genehmigung telefonisch überwacht. Als er im Herbst des vergangenen Jahres für eine Woche nach Wien kam, um – so die Anklage – 150 Kilo Cannabis zu verkaufen, die er sich zuvor von Spanien aus von einer Spedition in die Bundeshauptstadt zustellen hatte lassen, klickten die Handschellen.

In der Wohnung, die der Mann in der Schönbrunner Straße angemietet hatte, konnten noch mehrere Holzrahmen sichergestellt werden, in die jeweils 60 Cannabisharzziegel zu je 250 Gramm eingebaut waren. Zudem wurden 57.100 Euro sichergestellt – laut Staatsanwaltschaft der Erlös aus bereits abgewickelten Drogenverkäufen.#

Verdächtiger spricht von Zwang

Der von Verteidiger Wolfgang Blaschitz vertretene Mann gab sich vor Gericht grundsätzlich als seriöser Geschäftsmann. Er bestritt, mit Drogen gehandelt zu haben. Vielmehr habe er Olivenöl und Aloe Vera-Blätter (“Das ist gut für die Haut”) nach Österreich importiert, da er in Spanien eine Plantage betreibe. Hinsichtlich der 150 Kilogramm Cannabis sei er von einem Marokkaner dazu gezwungen worden, das Gift nach Österreich zu schaffen, weil sein im Gefängnis sitzender Bruder diesem 40.000 Euro geschuldet hätte. “Mir ist nix anderes übrig geblieben, sonst hätt’ der Marokkaner ein Säureattentat auf meine Tochter gemacht”, machte der Angeklagte geltend. Auf die Frage von Richter Harald Kaml, weshalb er sich in seiner Bedrängnis nicht an die Polizei gewandt habe, meinte der 59-Jährige: “Meine Frau ist eine Zigeunerin und eine Flamenco-Künstlerin. Die geht mir in kein Zeugenschutzprogramm.”

Möglicherweise hätte die Polizei ihm allerdings nicht geglaubt, zu den Drogen wie die Jungfrau zum Kind gekommen zu sein. Der 59-Jährige weist 16 Vorstrafen auf, davon 14 einschlägige. 1999 war er in Berlin zu vier Jahren und drei Monaten Haft verurteilt worden, nachdem er laut rechtskräftigem Urteil versucht hatte, mit einem Kleinflugzeug 550 Kilogramm Cannabis von Marokko über Spanien nach Deutschland zu bringen. Um den “Drogenflug” zu bewerkstelligen, soll der Mann in Spanien sogar ein ganzes Flugfeld angemietet haben.

Weiterer Deals verdächtigt

Abgesehen von den 150 Kilogramm Cannabis, die im vergangenen Oktober mit einer Spedition nach Wien gelangten, soll der 59-Jährige in den vergangenen zwölf Jahren von Spanien aus zumindest fünf Schmuggelfahrten organisiert haben. Laut Anklage übernahm er aus Marokko stammendes Cannabis und unterzog es einem “Tarnungsverfahren”, ehe es auf die Weiterreise geschickt wurde.

Demnach wurde das Suchtgift mit rotem Modellierwachs ummantelt und danach in zum Transport bestimmte Fahrzeuge eingebaut. Mit den getroffenen Maßnahmen sollte verhindert werden, dass bei allfälligen Kontrollen an den Grenzübergängen Drogen-Spürhunde anschlugen.

Angeklagter gibt sich als Geschäftsmann

Der Angeklagte stellte entschieden in Abrede, wiederholt Drogenkuriere in präparierten Geländefahrzeugen nach Wien geschickt zu haben, um seinem Zwillingsbruder, der in großem Stil Cannabis verkauft haben soll, Nachschub zu besorgen. Aufgrund seines Vorlebens sei er jahrelang “von einer spanischen Spezialeinheit” observiert worden: “Das sind keine Pfadfinder, das sind richtige Polizisten. Die haben gesehen, dass wir nichts gemacht haben.” Er habe es grundsätzlich gar nicht notwendig, mit Gift zu handeln: “Ich kann vier Sprachen, ich lebe von der Vermittlung von Geschäften.” In diesem Zusammenhang erwähnte der 59-Jährige etwa Solar-Windanlagen. Den Vorwurf, einmal einen speziellen Anhänger als Drogenversteck verwendet zu haben, wies der Mann mit der Bemerkung zurück, es müsse sich dann wohl um eine “Astralreise” gehandelt haben: “Der Hänger hat damals noch gar nicht existiert.”

Die Einvernahme des 59-Jährigen uferte immer mehr aus, da er – wie er selbst einsah – einen überdurchschnittlichen Redefluss an den Tag legte. “Ich möchte mich entschuldigen, dass ich so hyperaktiv bin. Sie fragen mich was, und ich erörtere Ihnen den Punischen Krieg. Ich weiß auch nicht, was das ist in meinem Kopf, da zischt es, je länger es geht”, bemerkte er in Richtung Schöffensenat. Dabei habe er “eh Beruhigungspulver genommen, Baldrian, ich hoff’, dass es wirkt”.

Besonders turbulent wurde es, als der beisitzende Richter Christoph Bauer sich nach der Beziehung des Angeklagten zu einer weiblichen Zeugin erkundigte und diese als dessen Freundin bezeichnete. “I war doch net verliebt in di”, ging der 59-Jährige darauf in die Höhe, “das war a Geschäftsbeziehung. Sie war meine Liebesdienerin! Glauben’S, dass i was anfang mit aner Hur’? Das war a Geschäftsbeziehung! Sie hat a gutes Geld kriegt und i an guten Liebesdienst.” Richter Bauer bewahrte die Ruhe: “San’s fertig? Aber befreundet waren Sie mit ihr, oder nicht?” “Jo”, erwiderte der Angeklagte. “Na sehen’S. Und mehr hab’ i a net g’sagt”, bemerkte Bauer.

(APA, Red.)

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